Staatskommissar für St. Ingbert? OB Wagner feuert gegen Kommunalaufsicht

St. Ingbert · Der Rathaus-Chef sieht sich als Opfer einer Intrige von CDU und Landesverwaltungsamt. Innenminister Klaus Bouillon keilt zurück.

 Die Tischtennishalle in St. Ingbert soll nach einem Stadtratsbeschluss vom 12. März 2015 abgerissen werden. Sie steht aber noch immer. Der Oberbürgermeister begründet das mit der Belastung der Bauabteilung. 

Die Tischtennishalle in St. Ingbert soll nach einem Stadtratsbeschluss vom 12. März 2015 abgerissen werden. Sie steht aber noch immer. Der Oberbürgermeister begründet das mit der Belastung der Bauabteilung. 

Foto: BeckerBredel

Das Fax, das am Freitagnachmittag um 15.16 Uhr im Rathaus der Stadt St. Ingbert einging, hat es in sich: Die Kommunalaufsicht droht dem parteilosen Oberbürgermeister Hans Wagner damit, ihm einen Staatskommissar vorzusetzen – ein im Saarland einmaliger Vorgang. Dieser sogenannte „Beauftragte“ soll dann Beschlüsse des Stadtrates zum Einbau eines Aufzugs in die Stadthalle (2014), zum Abriss der Tischtennishalle (2015) sowie zur Verlängerung des Mietvertrages beim „Eventhaus“ (2017) umsetzen. Wagner habe sich bisher beharrlich geweigert, dies zu tun, obwohl er dazu verpflichtet ist, so die Kommunalaufsicht.

Der Rathaus-Chef selbst erzählt eine völlig andere Geschichte. „Ich habe nie gesagt, dass ich Beschlüsse des Stadtrates nicht umsetzen werde“, beteuert Wagner. „Egal ob ich sie gut oder schlecht finde, ich muss und werde die Beschlüsse umsetzen.“ Das sei seine Pflicht. Er habe den Stadtrat regelmäßig über die Gründe der Verzögerungen informiert. Die städtische Bauabteilung sei seit Ende 2015 wegen der Flüchtlingswelle völlig überfordert. „Einige wenige Arbeiten“ hätten daher leider noch nicht ausgeführt werden können, darunter auch der Abriss der Tischtennishalle und der Einbau des Aufzuges. Der Stadt sei dadurch aber kein Schaden entstanden. Im Gegenteil: Für den Hallenabriss gebe es nun sogar Fördergelder. „Es ist alles auf den Weg gebracht.“

Wagner wittert eine Intrige von CDU und Kommunalaufsicht, um sein Ansehen „mit den aberwitzigsten Geschichten und Aktionen“ zu ruinieren. Vor der Kommunalwahl 2014 habe ihm die CDU den Kampf angesagt. Seit der Wahl gibt es ein Bündnis aus CDU, Familienpartei und Grünen, das im Juli bei der Kommunalaufsicht eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Wagner eingereicht hatte.

Wagner glaubt, dass die CDU ihm die Erfolge der Stadt nicht gönnt. „St. Ingbert ist der Musterknabe im Saarland. Wir haben die besten Finanzen, wir haben ein wunderbares Umfeld, es läuft rund in unserer Stadt.“ Als eine von bundesweit fünf Städten sei St. Ingbert für den Nachhaltigkeitspreis nominiert, das sei eine Riesenehre. „Hier soll ein CDU-Oberbürgermeister sitzen, um all diese Lorbeeren für die CDU zu ernten. Das geht natürlich nicht, solange ich hier sitze“, sagt Wagner.

In diesem Bild Wagners ist die Kommunalaufsicht so etwas wie der verlängerte Arm der CDU. Im Verdacht hat Wagner weniger Innenminister Klaus Bouillon („Der weiß gar nicht, was hier abgeht“) als vielmehr eine „Seilschaft dieser jungen Typen“, wie Wagner sagt.

Zu dieser „Seilschaft“ zählt er neben den St. Ingberter CDU-Größen Pascal Rambaud und Ulli Meyer auch Christof Hoffmann, der seit drei Jahren das Landesverwaltungsamt leitet, zu dem die Kommunalaufsicht gehört. „Seit drei Jahren stellen wir fest, dass von der Kommunalaufsicht, die ja objektiv werten und entscheiden sollte, Parteipolitik gemacht wird. Was hier gerade geschieht, ist der Gipfel. Ich werde richtig vorgeführt, ich werde fertiggemacht von denen“, sagt Wagner.

Die Kommunalaufsicht erhält indes volle Rückendeckung von ihrem obersten Dienstherrn, Innenminister Bouillon. Den Verdacht der politischen Instrumentalisierung weist er zurück. „Die Bestimmungen des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes und der Schriftverkehr über teilweise zweieinhalb Jahre sprechen eine klare Sprache, sein Verhalten ebenfalls“, so Bouillon. Seit zweieinhalb Jahren würden die Beschlüsse des Stadtrates missachtet, Schriftverkehr und Mahnungen des Landesverwaltungsamtes scheinbar ignoriert. In seiner Argumentation verkenne Wagner, dass er Stadtratsbeschlüsse hinsichtlich ihres Inhalts und des Zeitpunkts ihrer Ausführung nicht auf Zweckmäßigkeit überprüfen dürfe. Bouillon: „Eine loyale Zusammenarbeit mit dem Rat ist bedauerlicherweise nicht zu erkennen. Das Verhalten von Herrn Wagner verschlägt einem fast die Sprache.“

Bis Freitag kann Wagner die Kommunalaufsicht noch überzeugen, um die Einsetzung eines Staatskommissars abzuwenden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort