Werk in Mülheim-Kärlich Pro Runde verschwinden drei Meter AKW

Mülheim-Kärlich/Biblis · Noch zehn Jahre wird der Abriss des Atom-Meilers Mülheim-Kärlich dauern. Er war nur ein gutes Jahr in Betrieb.

 Die Luftaufnahme mit einer Drohne zeigt den einst 162 Meter hohen Kühlturm des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich, an dem mit Hilfe eines ferngesteuerten Baggers bereits rund 50 Meter abgetragen wurden.

Die Luftaufnahme mit einer Drohne zeigt den einst 162 Meter hohen Kühlturm des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich, an dem mit Hilfe eines ferngesteuerten Baggers bereits rund 50 Meter abgetragen wurden.

Foto: dpa/Thomas Frey

Immer wieder stürzen Betonbrocken in die Tiefe. Der gewaltige Kühlturm des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich bei Koblenz verliert an Höhe. Runde um Runde frisst dort eine ferngesteuerte Spezialmaschine den Beton ab. Schon seit 2004 läuft der Abriss des Meilers Mülheim-Kärlich – und er wird sich laut Planung noch fast zehn Jahre hinziehen. Ziel ist die grüne Wiese. „Die Erfahrungen hier beim Rückbau nutzen wir bereits in Biblis“, sagt Dagmar Butz, Sprecherin des Essener Energiegiganten RWE in Mülheim-Kärlich. Auch im südhessischen Biblis schreitet der Abriss des AKW im Inneren voran. Hier stehen die vier entkernten Kühltürme aber noch in voller Höhe. Wann auch sie verschwinden, ist nach Angaben des örtlichen RWE-Sprechers Alexander Scholl noch unklar.

Umgerechnet 3,5 Milliarden Euro hat der AKW-Bau in Mülheim-Kärlich einst gekostet. Im Betrieb war der Reaktor nur 13 Monate. Bereits 1988 ging er nach einer Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom Netz. Bei den Planungen wurde die Erdbebengefahr nicht ausreichend berücksichtigt. Die Abrisskosten veranschlagt Butz auf eine Milliarde Euro. RWE zahlt – indirekt aber auch die Stromkunden.

„Pro Runde verschwinden drei Meter, dafür brauchen wir etwa eine Woche“, erklärt RWE-Sprecherin Butz. „Jetzt sind wir bei etwa 110 Metern Höhe, in ungefähr zehn Wochen demnach bei 80 Metern.“ Andere Abrissarbeiten in den Kernkraftwerken Mülheim-Kärlich und Biblis sind von außen gar nicht sichtbar. In der Anlage nahe Koblenz hat die Firma Bilfinger begonnen, zwei gewaltige sogenannte Dampferzeuger mit einem Gewicht von jeweils 450 Tonnen und einer Höhe von je 25 Metern zu zerlegen.

Der Stadt Mülheim-Kärlich und über Umlagen auch der Region hat die RWE einst über die millionenschwere Gewerbesteuer einen Geldsegen beschert. Auch die Gemeinde Biblis hat sich über Millionen gefreut. Und nun einfach alles abreißen? Für den Kühlturm von Mülheim-Kärlich zum Beispiel hat es viele Ideen der Nachnutzung gegeben, etwa ein Kletterpark, Eventturm, Parkhaus oder Höhenrestaurant. Vergeblich: Der Turm trägt laut RWE nur sein Eigengewicht. So wie eine Eierschale. Also laufen in Mülheim-Kärlich Gespräche über die Nachnutzung der künftigen Wiese. Bereits 2017 sei eine Teilfläche an eine Firma verkauft worden, die Plasmaanlagen für Spezialbeschichtungen herstelle, berichtet Thomas Höfer von der Verbandsgemeinde Weißenthurm. Der Rückbau des Kernkraftwerks in Biblis wird laut RWE-Sprecher Scholl bis zu 20 Jahre dauern. Sicherheits- und Strahlenschutzstandards gelten weiter.

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