Neustart mitten im Umbruch

St Wendel · Weniger Ermittler und dennoch sollen Bürger die Sicherheit verspüren wie bisher. Einen Spagat, den die Polizei nun hinbekommen muss. An ihrer St. Wendeler Spitze ein neuer Mann, der an dem Konzept mitwirkte.

 SZ-Redakteur Matthias Zimmermann (links) im Gespräch mit St. Wendels neuem Polizeichef Martin Walter. Der Polizeirat besuchte zum Antritt die Lokalredaktion in der Kreisstadt. Foto: Melanie Mai

SZ-Redakteur Matthias Zimmermann (links) im Gespräch mit St. Wendels neuem Polizeichef Martin Walter. Der Polizeirat besuchte zum Antritt die Lokalredaktion in der Kreisstadt. Foto: Melanie Mai

Foto: Melanie Mai

Da kommt was auf den neuen St. Wendeler Polizeichef zu. Martin Walter startet just in dem Moment, als die Polizeireform in der Region richtig greift. Neue Strukturen auf dem Plan stehen. Bisher weitgehend Theorie, die sich nun im Tagesgeschehen beweisen muss. Der 32-Jährige übernahm jetzt die Führungsposition der Polizeiinspektion in der Kreisstadt. Offiziell ernannt mit einer Urkunde soll er in diesem Monat werden. Doch bis dahin muss er bereits zupacken. Bei einer Polizeireform, die er mit zu verantworten hat. Im saarländischen Innenministerium wirkte er in der Arbeitsgruppe Polizei 2020 mit. Die sollte erarbeiten, wie die Ermittler trotz Haushaltsnotlage und deshalb auch nach dem Abbau von 300 der bislang landesweit noch 3000 Stellen schlagkräftig agieren können, den Saarländern größtmögliche Sicherheit bieten. Walter ist überzeugt, dass dies hinhaut. Auch wenn ihm bewusst ist: "Das ist etwas, was es noch nie gab." Sagt er bei seinem Antrittsbesuch in der St. Wendeler SZ-Redaktion. Aber: "Ich bin zuversichtlich, dass wir das Versprechen einlösen können", dass die Region keineswegs an zuverlässigen Einsätzen seiner Kollegen einbüßt. Auch wenn in der benachbarten Polizeiinspektion in Türkismühle auf Grund des steten Personalrückgangs die erste Nacht geschlossen blieb (siehe "Türkismühler Polizei zum ersten Mal ohne Nachtschicht").

Zweckoptimismus? Da widerspricht Walter vehement. "Wir entwickeln uns zu einer Interventionspolizei." Will heißen: weg von festen Einsatzorten der Beamten hin zu flexibel einzusetzenden, die mit dem Streifenwagen über eine zentrale Leitstelle zu den jeweiligen Einsatzorten geschickt werden. "Durch die Einteilung in Polizeibezirke kann es künftig durchaus möglich sein, dass Polizisten aus Illingen zu einem Autobahnunfall im Bereich der Türkismühler Polizeiinspektion rausfahren." Grund: Die Landkreise St. Wendel, Neunkirchen und Saarpfalz bilden mit ihren jeweiligen Polizeidienststellen die Einheit Ost. Sind einige Standorte nicht besetzt oder anderweitig beschäftigt, werden freie Kapazitäten dort eingesetzt, wo nötig. Da spielen Kreisgrenzen laut St. Wendels Polizeichef Walter keine Rolle.

Doch nicht alles, was bisher galt, werde über den Haufen geschmissen. "Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe und finde eine gut organisierte Polizeiinspektion vor", verteilt Walter Vorschusslorbeeren an seine neuen Kollegen im St. Wendeler Land. Dennoch will er auch eigene Akzente setzen. "Die gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis und den Kommunen will ich fortführen. Gleichzeit will ich am Ball bleiben, was die jeweiligen Schwerpunkte sind."

Projekt sicherer Landkreis

Dabei setzt der Neue auf so genannte Ordnungspartnerschaften. Derartige Kontakte gibt es bereits, unter anderem beim Projekt sicherer Landkreis mit Stadt, Landkreis, Deutscher Bahn, Polizei und Bundespolizei (Bexbach). Hier soll's bald ein Treffen geben.

Um sein Arbeitsumfeld kennen zu lernen, will Martin Walter sein Büro verlassen und mit dem St. Wendeler Kontaktpolizisten Karl-Heinz Fischer gemeinsam auf Fußstreife gehen. Aber eine Rückkehr ganz in den Streifendienst strebe er nicht an: "Mir gefällt meine neue Aufgabe." Die Polizeireform im Saarland bringt es mit sich: Einige Polizeidienststellen werden nicht mehr rund um die Uhr besetzt sein (wir berichteten). So auch in Türkismühle. Hier war in der Nacht auf Montag Premiere. Zwischen Mitternacht und sechs Uhr ging dort erstmals regulär das Licht in den Dienstzimmern aus. Für den Polizeichef Gernot Müller war dies ein reibungsloser Auftakt mit Blick auf die nächsten derartigen Termine. "Es war absolut ruhig", berichtet er von der ersten Nacht ohne stationären Polizeidienst. Ähnlich werde es dieses Jahr noch in folgenden Nächten laufen: vom 10. auf 11. November, 24. auf 25. November sowie 8. auf 9., 22. auf 23. und 29. auf 30. Dezember. Grund dafür: Der neue Polizeiplan fürs gesamte Land sieht auch den Abbau von 300 der bislang 3000 Stellen vor. Das spiegle sich damit in den Dienstplänen wider. Das bedeute jedoch nicht weniger Sicherheit in den betroffenen Regionen. Müller: "Es waren mehr Kollegen als in einer bisherigen Schicht unterwegs." Dazu würden Streifen auch benachbarter Polizeidienststellen eingesetzt. "Ich bin absolut von dem neuen Konzept überzeugt."

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Zur PersonMartin Walter (32) lebt mit seiner Familie in Heusweiler-Holz. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter (3/1). Abitur machte er 2001 in Saarbrücken und ging noch im selben Jahr zur Polizei. Es folgte zudem Fachhochschule (bis Anfang 2004) und Polizeidienst in Neunkirchen/Saar (2004 - 2010). Mitte 2010 wechselte er ins saarländische Innenministerium nach Saarbrücken, um sich dort in der Arbeitsgruppe Polizei 2020 an der jetzt peu à peu umzusetzenden Polizeireform zu beteiligen. Es schloss sich ein Masterstudiengang an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster/Westfalen an. Am 27. September kehrte er ins Saarland zurück und wurde zum Polizeirat ernannt. Er übernahm die Leitung der St. Wendeler Polizeiinspektion von Hubert Zimmer (61), der zwei Jahre die Stelle inne hatte. Im November soll die Ernennungsurkunde folgen. Früher ging Walter privat der Verteidigungssportart Ju-Jutsu nach. Heute ist er während seiner Freizeit Organist seiner örtlichen Kirchengemeinde. Zuhause geht's beim Musizieren eine Nummer kleiner mit dem Klavier. hgn

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