Nach VdK auch Ärzte für „präventive Hausbesuche“ bei Senioren

Saarbrücken · Die Ärzteschaft begrüßt den Vorschlag des VdK, „präventive Hausbesuche“ bei Senioren in einem Modellprojekt zu erproben. Derweil wies die AOK den Vorwurf zurück, sie gewähre zu wenig Reha-Maßnahmen bei Senioren.

Vertreter der Ärzteschaft haben positiv auf den Vorstoß von VdK-Chef Armin Lang reagiert, den flächendeckenden "präventiven Hausbesuch" bei allen Personen ab dem 70. Lebensjahr zu erproben. Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Gunter Hauptmann, sagte, im Saarland würde ein solches regionales Projekt Sinn machen. Das Land sei überschaubar, es gebe kurze Wege, und man könnte ein Modellprojekt zunächst einmal auf einen Landkreis begrenzen. Ärztekammer-Chef Josef Mischo teilte mit, ihm habe Langs Ansatz, mehr auf Rehabilitation zu setzen, damit Pflege vermieden wird oder später eintritt, "sehr gut gefallen".

Lang hatte in einem SZ-Gespräch an die Landesregierung appelliert, den "präventiven Hausbesuch" in einer "konzertierten Aktion" von Gebietskörperschaften, Kranken- und Pflegekassen sowie Sozialverbänden zu erproben. Träger dieses Beratungsangebots sollten die Pflegestützpunkte im Land werden. Im Mittelpunkt sollten Sturz- und Wundprophylaxe, Bewegungs-, Ernährungs- und Kontaktförderung sowie die Vermeidung chronischer Erkrankungen stehen. Lang kritisierte zugleich die Kassen und Teile der Ärzteschaft, die den Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege" bei älteren Menschen unzureichend beherzigten.

Zum Vorwurf an die Adresse der Ärzteschaft meinte Hauptmann, Lang sei es offenbar nicht darum gegangen, die Ärzte generell zu kritisieren. Vielmehr habe er wohl zum Ausdruck bringen wollen, "dass der eine oder andere Arzt da nicht seinen Fokus drauf hat". Nach seiner Beobachtung, so Hauptmann, sei das Bewusstsein in der Ärzteschaft, was den hohen Stellenwert des Grundsatzes "Rehabilitation vor Pflege" anbelange, in jüngerer Vergangenheit jedoch deutlich gestiegen. Mischo meinte, für einen generellen Vorwurf an die Adresse der Ärzteschaft vermisse er auch belegbare Zahlen. Zutreffend erscheine ihm aber Langs Beobachtung, dass "es Mühe macht, bei den Krankenkassen Reha-Leistungen durchzubekommen". Hauptmann bemerkte dazu unter Anspielung auf Langs frühere Funktion als Ersatzkassen-Chef: "Herr Lang kennt sich bei den Krankenkassen extrem gut aus. Er kommt ja von dort. Da wird er wohl wissen, wovon er spricht, wenn er ihnen den Schwarzen Peter zuschiebt."

Die AOK-Rheinland-Pfalz/Saarland verwahrte sich indes gegen die Kritik von Lang, wonach die Kassen zu wenig Reha-Maßnahmen für ältere Menschen bewilligten. Richtig sei vielmehr, dass man den Grundsatz "Reha vor Pflege" unterstütze. Allein im Saarland stelle die AOK rund 40 Prozent ihres Gesamtleistungsvolumens in Sachen Reha älteren Menschen in Form spezieller geriatrischer Reha-Maßnahmen zur Verfügung. Den Vorwurf einer zu restriktiven Leistungsgewährung weise man zurück.

Hauptmann riet dazu, für die von Lang angeregten präventiven Hausbesuche eigens geschulte Arzthelferinnen einzusetzen. Derzeit würden diese oft arbeitslos, weil viele Praxen zumachten. Das sei besser als Ärzte oder Pflegekräfte einzusetzen. Denn die Belastung der Ärzte nehme auch ohne solche Hausbesuche stetig zu, und im Pflegebereich gebe es einen Mangel. Hauptmann warf darüber hinaus die Frage auf, ob das 70. Lebensjahr für den präventiven Hausbesuch nicht bereits zu spät sei, und sprach sich für eine "standardisierte Check-Liste" für die Hausbesuche aus.

Ärztekammer-Chef Josef Mischo sagte, die präventive Diagnostik und Beratung älterer Menschen - etwa in der Osteoporose- und Sturzprophylaxe - sei bisher ein "Stiefkind". Ganz wichtig bei der Prävention sei aus seiner Sicht ein zwischen Hausarzt, Medizinischem Dienst und Pflegekräften abgestimmtes Vorgehen.

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