Montagsdemos gegen Fluglärm "Fluglärm ist kein Kavaliersdelikt"

Losheim · Am Montag, 2. Juli, demonstrieren Fluglärmbetroffene in Losheim erstmals gegen Kampfjet-Lärm. Die Montagsdemo soll zu einer ständigen Einrichtung werden, um verstärkt auf die Situation aufmerksam zu machen. Patrick Fey ist Vorstandsmitglied in der Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung. SZ-Redaktionsmitglied Laura Blatter hat mit ihm gesprochen.

Losheim. "Das geht so nicht weiter" - Katrin Hanowski ist entschlossen. Entschlossen für die Ruhe, die sie sich für ihre Familie wünscht, zu kämpfen. Wenn sie ihre Kinder am Abend ins Bett bringt, dann muss sie die Fenster schließen, damit das "Grummeln am Himmel" wenigstens etwas eingedämpft wird. "Das Grummeln", wie Katrin Hanowski sagt, wird größtenteils von US-Kampfjets aus Spangdahlem verursacht, aber auch von der Bundesluftwaffe und Nato-Einheiten. Diese würden derzeit täglich zu Übungszwecken ihre Runden über das Nordsaarland drehen. Seit zehn Jahren schon engagiert sich die Fluglärmbetroffene in der Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung. Jetzt geht die Losheimerin mit anderen Betroffenen erstmals auf die Straße. Bei einer Montagsdemonstration gegen KampfjetLärm will Hanowski am 2. Juli auf die Situation Fluglärmbetroffener aufmerksam machen.Die Demo findet ab 18 Uhr in Losheim, Saarbrücker Straße 1, Schneckenbrunnen statt. Auch eine Kundgebung soll es geben. "Wir wollen den Betroffenen zeigen, dass sie nicht alleine sind, und es Leute gibt, die sich für sie einsetzen."

Konkret geht es dabei um die "TRA (Temporary Reserved Airspace) Lauter", ein zeitweise reservierter Luftraum für militärische Übungsflüge über der Westpfalz und dem Nordsaarland. Erlaubt sind die Übungsflüge werktags zwischen acht und 23.30 Uhr (im Sommer bis 21 Uhr), freitags bis 17 Uhr, am Wochenende nicht.

Der Fluglärm macht Katrin Hanowski und ihre Kinder "nervös und aggressiv". Vor allem in der Ferienzeit, wenn die Kinder draußen spielen wollen, sei der ständige Geräuschepegel eine Zumutung. Daher fordert die Bügerinitiative eine lärmfreie Ferienzeit, ein Flugverbot nach 17 Uhr, und eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr.

"Die Montagsdemonstration soll zu einer ständigen Einrichtung werden, damit wir in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden", sagte Hanowski gegenüber der Saarbrücker Zeitung. Dabei solle der Standort ständig wechseln, um auch die Menschen in anderen betroffenen Teilen des Saarlandes, wie zum Beispiel in St. Wendel, zu erreichen. Außerdem wolle man die Problematik dadurch auch verstärkt an die Politik herantragen. Zwar ist das Bundesverteidigungministerium zuständig, doch setzt die Bügerinitiative ihre Hoffnung auch in die Landesregierung: "Annegret Kramp-Karrenbauer hat uns bei einem Gespräch im Dezember das Gefühl vermittelt, dass sie sich in unsere Situation hineinversetzen kann und sich für unsere Belange einsetzt", sagt Hanowski. Außerdem sei in einem entsprechenden Passus im Koalitionsvertrag von CDU und SPD festgehalten, dass sich die Landesregierung beim Bundesverteidigungsministerium und den US-Streitkräften dafür einsetzen wird, "dass der militärische Fluglärm über dem Saarland reduziert wird". Vom Innenministerium selbst war trotz wiederholter Anfrage bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.

Hanowski ist dennoch guter Dinge, dass sich das Engagement Betroffener irgendwann bezahlt machen werde, gemäß dem Motto: "Steter Tropfen höhlt den Stein."

Demonstration am Montag, 2. Juli, Saarbrücker Straße 1, Schneckenbrunnen, Losheim.

Gibt es bestimmte Zeiten, in denen die Belastung durch militärischen Fluglärm besonders hoch ist?

Patrick Fey: An Wochentagen von 8 bis 21 Uhr (Mai bis September) beziehungsweise von 8 bis 23.30 Uhr (Oktober bis April) ist jederzeit mit Kampfjet-Lärm zu rechnen. Die immer wieder auftretenden Verlärmung der Ruhezeiten, insbesondere der Zeit ab 17 Uhr wird von vielen Betroffenen als besonders belastend empfunden. In Ferien- und Adventszeit wird zum Teil besonders intensiv geübt. In den letzten Jahren war die Karwoche immer wieder exzessiv verlärmt.

Wird Protokoll geführt, wann und wo geflogen wurde und wie hoch die Belastung war?

Fey: Ja, es gibt eine Dokumentation von Lärmereignissen und darauf basierende Auswertungen. Seit Oktober 2005 wurden im Raum St. Wendel 16 325 Lärmereignisse alleine durch Kampfjets dokumentiert.

Welche Probleme tauchen für Fluglärmbetroffene auf?

Fey: Betroffene entwickeln Anpassungsstörungen, die zu Depressionen, Konzentrationsproblemen und vielen somatischen Symptomen durch den damit einhergehenden dauerhaft hohen Cortisolspiegel und hohen Blutdruck führen. Auch Menschen, die sich vom Lärm subjektiv nicht gestört fühlen, entwickeln nachgewiesenermaßen die somatischen Symptome und erleiden dadurch zum Beispiel eher einen Herzinfarkt.

Welches Ziel verfolgt die Bürgerinitiative?

Fey: Die Bürgerinitiative will die Lebensqualität in unserer Region wieder herstellen. Dazu müssen vor allem die Übungsflüge mit Kampfjets verlagert werden. Fluglärm macht nachweislich krank, das Grundgesetz garantiert uns aber körperliche Unversehrtheit, und dem ist hier Folge zu leisten.

Konnten bereits Erfolge verzeichnet werden?

Fey: In den Monaten Mai bis September darf seit 2009 nur noch bis 21 Uhr statt bis 23.30 Uhr mit Kampfflugzeugen im Übungsraum "TRA Lauter" geübt werden.

Sehen Sie eine reelle Chance, etwas an der Situation zu ändern?

Fey: Ja. Fluglärm ist heutzutage kein Kavaliersdelikt mehr, bundesweit engagieren sich mittlerweile Millionen Betroffene gegen die zunehmende Verlärmung unserer Umwelt von oben. Kampfjet-Lärm ist überdies besonders belastend und fällt nicht unter das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm. Dazu muss allerdings aus der Bevölkerung in unserer Region, welche laut Luftwaffe die bundesweit am stärksten betroffene ist, deutlich mehr Widerstand kommen.

Bei wem liegen die Entscheidungsbefugnisse?

Fey: Die Entscheidungskompetenz liegt auf Bundesebene, aber der Lärm kommt hier bei uns am Boden an. Die saarländische Landesregierung kann und muss sich daher beim Bund noch deutlich stärker für Lärmreduzierungen engagieren, die auch wirklich greifen. Das Saarland hat keinen Miltitärflughafen, sämtlicher Kampfjet-Lärm wird vor allem aus Rheinland-Pfalz, zum Teil aber auch von umliegenden Nato-Staaten zu uns importiert. Diese Belastung ist zumindest in Deutschland, wenn nicht sogar in ganz Europa, einzigartig und weder unserer Bevölkerung noch unseren Urlaubsgästen - man denke an den Centerpark am Bostalsee - länger zuzumuten. "Steter Tropfen höhlt den Stein."

Katrin Hanowski

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