Mit 25 hat man noch Träume

Saarbrücken. Politik wirkt offenbar als Zeitraffer. "Sechs Jahre ist das her", vermutet Christoph Hartmann als er sich wiedersieht im schwarzen Rolli. Fast ein Dutzend Jahre sind es tatsächlich. 1997 war das, als neuer Landesvorsitzender der Jungen Liberalen: 25, weich noch die Züge

 Christoph Hartmann 1997 als Landeschef der Julis und 2008 b als FDP-Landesvorsitzender. Fotos: Ruppenthal/Montage: Lorenz

Christoph Hartmann 1997 als Landeschef der Julis und 2008 b als FDP-Landesvorsitzender. Fotos: Ruppenthal/Montage: Lorenz

Saarbrücken. Politik wirkt offenbar als Zeitraffer. "Sechs Jahre ist das her", vermutet Christoph Hartmann als er sich wiedersieht im schwarzen Rolli. Fast ein Dutzend Jahre sind es tatsächlich. 1997 war das, als neuer Landesvorsitzender der Jungen Liberalen: 25, weich noch die Züge. Was fällt ihm auf, Aug' in Aug' mit der eigenen Geschichte? "Die Frisur " - er lacht, bringt den Satz nicht zu Ende. Stattdessen sprudelt aus ihm komprimiertes Politik-Erleben. Ja mit 25 habe er von fast allem überreichlich gehabt: Elan, Träume, gute Vorsätze, Idealismus. Nur von einem zu wenig: Erfahrung.Auch als der Diplom-Kaufmann, (mittlerweile zum Dr. phil in Informationswissenschaften promoviert), 2002 in den Bundestag einzog, staunte er noch. "Von den parlamentarischen Prozessen wusste ich fast überhaupt nichts", bekennt er. Doch wer Politik machen will, "muss eben lernen, wie gruppendynamische Prozesse funktionieren", sagt der 36-Jährige. Was auch schmerzhaft sein kann.

Die zweite Aufnahme zeigt einen anderen Christoph Hartmann. Nachdenklich, zweifelnd auch: Nur 58 Prozent der Stimmen bekam er im Juni 2008 bei seiner Wiederwahl als Landesvorsitzender. Ein Schlag in die Magengrube? Angezählt? Christoph Hartmann will das auch beim Rückblick auf das Foto dieses Tages nicht so sehen: "ein Denkzettel, aber keine Niederlage".

Und dennoch, wie verändert so ein Tag einen Menschen? Macht das härter? Unnachgiebiger? "Nein" - sagt er, ihn nicht. Man müsse eben einstecken können. Und ein Kämpfer sei er auch früher schon gewesen. Damals beim Fußball in Einöd. Obwohl kein großes Talent am Ball, habe er sich doch durchgesetzt. Mit Schnelligkeit und Willen. "Breaker" war sein Spitzname. Einer, der dazwischen geht. Mit vollem Einsatz.

50 Krawatten im Schrank

Seine makelloses Äußeres, sein eleganter Auftritt, täuscht schon mal: Man sieht ihm den Kämpfer nicht an. Stattdessen wird er vielfach als Politik-Beau gesehen wie jüngst wieder in der "Brigitte" (6/2009). "Fünf Minuten morgens vor dem Spiegel maximal", redet er selbst allerdings Eitelkeits-Gerüchte klein. Er brauche keine Cremes, Tuben, Tiegel für seine Schönheit. Andererseits, so viel Gestaltungswillen am Mann darf es dann doch sein, dass er bei der Krawattenfrage nicht tief stapelt: "50 habe ich daheim in Homburg wohl im Schrank".Blick zurück auf den jungen Liberalen, auf das Bild von ´97: Was trieb ihn damals in der Politik nach vorn? "Es war quasi eine Studentenbewegung", antwortet Hartmann, ein paar junge Liberale, die mit ihm nicht die Welt, aber doch die FDP verändern wollten. "Es ging uns auf die Nerven, dass wir in den 90er Jahren auf Bundesebene nur noch ein Kohl-Wahlverein waren". Und heute: Wie sieht er das Erreichte? "Ich bin stolz auf das, was die FDP hier in den vergangenen sieben Jahren geleistet hat", sagt Hartmann. Als Partei wieder in Fraktionsstärke im Landtag zu sein, die Mitgliederzahl um 30 Prozent gesteigert zu haben auf jetzt über 1670, das mache ihn stolz. Nicht als persönliche Leistung, sondern es mit anderen zusammen geschafft zu haben.

Politiker, also ein Traumjob? Nein, das nun auch nicht. Man stoße auch an Grenzen, gibt Hartmann zu, weil man zwar gestalten will, aber manchmal dann doch nichts bewegen kann. Und man müsse auch seine Grenzen erkennen. Sicher dürfe er sich als Fraktionsvorsitzender bei kritischen Fragen nicht verstecken. "Aber man muss auch sagen können, das ein anderer Abgeordneter der Experte ist. Das gehört auch zur Ehrlichkeit".

Zu viele 16-Stunden-Tage

Und die Macht, was bedeutet sie ihm? Ihm selbst nichts, sagt Hartmann. Lieber sei er da Herr Jedermann als Christoph Hartmann, der Landesvorsitzende der FDP. "Ich lege keinen Wert darauf, in der ersten Reihe zu sitzen", sagt er. Was aber auch nach zur Schau gestellter Bescheidenheit klingen könnte. Aber dazu, entgegnet er, sei der politische Erfolg dann doch mit zu viel Verzicht erkauft. Mit zu vielen 16-Stunden-Tagen, wo er seine beiden Kinder nicht sieht. "Ich mache jede Woche mit meiner Frau einen Termin aus, damit wir wenigstens einmal die Woche Zeit füreinander haben". Diese Kehrseiten der Politik, die waren dem 25-Jährigen Juli-Vorsitzenden auf dem Bild von einst nicht bewusst. Jedenfalls nicht so, sagt derselbe Mann kurz vor seinem 37. Geburtstag. Vielleicht schweigt dieser Christoph Hartmann deshalb auch erstmal bei der Frage, ob sich das alles lohnt? Und sagt dann schließlich doch: "Ich würde diesen Weg wieder gehen". "Fünf Minuten morgens vor dem Spiegel maximal reichen mir."Christoph Hartmann zum Thema Eitelkeit

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