Mit 24 den Ausstieg geschafft

Limbach · Wie gerät man in eine rechtsextreme Partei? Und wie gelingt der Ausstieg? Diese und andere Fragen beantwortete jetzt der Ex-Neonazi und NPD-Aussteiger Matthias A. den Schülern der Gemeinschaftsschule in Limbach.

 Der NPD-Aussteiger und ehemalige Neonazi Matthias A. berichtete Schülern der Gemeinschaftsschule in Limbach von seinen Erfahrungen und seinem Ausstieg. Foto: Bernhard Reichhart

Der NPD-Aussteiger und ehemalige Neonazi Matthias A. berichtete Schülern der Gemeinschaftsschule in Limbach von seinen Erfahrungen und seinem Ausstieg. Foto: Bernhard Reichhart

Foto: Bernhard Reichhart

Einen etwas anderen Geschichtsunterricht über den Nationalsozialismus erlebten die Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen gestern an der Gemeinschaftsschule Kirkel in Limbach. Der ehemalige Neonazi, der Aussteiger Matthias A., gab ihnen aus erster Hand einen Einblick aus seiner Zeit in der rechtsextremen Szene. Begleitet wurde der aus dem südhessischen Bürstadt stammende und heute in Berlin Lebende von Jörn Didas vom Adolf-Bender-Zentrum (ABZ) in St. Wendel, das als anerkannter Träger der Jugendhilfe daran arbeitet, eine demokratische und tolerante Gesellschaft zu fördern.

Er organisiere seit gut fünf Jahren zusammen mit Matthias A. Veranstaltungen, besuche mit dem Aussteiger Schulen und Jugendeinrichtungen und informiere Jugendliche über die Arbeit des ABZ gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Toleranz. Er habe es geschafft, mit 24 Jahren auszusteigen, erklärte Matthias A., der eine Lehre zum Bäcker und Dreher absolvierte. Er schilderte seinen Weg in die rechtsextreme NPD. Bis zu seinem Ausstieg aus im Jahr 2000 sei er einer der Führer der NPD gewesen, "ich marschierte mit und kannte nichts anderes als rechtsextremistisches Gedankengut". Beeinflusst von einem konservativen Elternhaus sowie den Schwärmereien und der Verherrlichung des Dritten Reiches seines Opas und seiner Onkels ("Früher mit Hitler war alles besser") habe er mit zwölf Jahren begonnen, die rechtsextreme "Nationalzeitung" sowie entsprechende Zeitschriften und Bücher zu lesen. Drei Jahre später habe er seine erste Kameradschaft gegründet, Kriegsspiele im Wald veranstaltet, Hakenkreuze an Wände gesprüht, Aufmärsche organisiert, Plakate abgerissen und auf einem Scheiterhaufen verbrannt, Antisemitismus propagiert, in der Schule Flugblätter mit rechtsgerichteten Thesen verteilt und Karriere in der rechten Szene gemacht.

Probleme mit den Strukturen innerhalb der rechten Szene sowie Widersprüche im System hätten ihn jedoch zum Nachdenken gebracht, so der Aussteiger. "Alles ist wie ein Kartenhaus zusammengefallen", sprach er von "einem tragischen Ereignis". Vor 13 Jahren ist er ausgestiegen und mit sich und seiner Vergangenheit ins Reine gekommen, erzählt er. Seit dieser Zeit versucht der 37- Jährige in der 2000 gegründeten Berliner Aussteige-Initiative Exit-Deutschland andere Neonazis zum Ausstieg zu bewegen und ihnen zu helfen, aus der rechten Szene herauszukommen.

Er besucht Schulen und Jugendzentren, um Kindern und Jugendlichen von seiner "Karriere" und seinen Erfahrungen in der rechten Szene zu berichten, um zu verhindern, dass Jugendliche rechtes Gedankengut aufnehmen und dadurch abrutschen. Als Referent für Jugendfragen habe er gemeinsam mit dem Adolf-Bender-Zentrum bei ausgewählten Projekten mitgearbeitet, so Matthias A.

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