Millionen für Gesundheitsversorgung Millionen für Ärzte-Projekt im Hochwald

Wadern · Pflegekräfte des Krankenhausträgers Marienhaus sollen die Hausärzte mit Hausbesuchen entlasten. Nach dem Testlauf in Wadern entscheidet sich, ob das Projekt bundesweit zum Einsatz kommt. Nicht alle Ärzte sind davon überzeugt.

 Die Kontrolle des Blutdrucks gehört zu den Leistungen, die Ärzte an Arzthelferinnen und Pflegekräfte delegieren können. In Wadern sollen Pflegekräfte chronisch kranke Menschen besuchen, um die Hausärzte zu entlasten.

Die Kontrolle des Blutdrucks gehört zu den Leistungen, die Ärzte an Arzthelferinnen und Pflegekräfte delegieren können. In Wadern sollen Pflegekräfte chronisch kranke Menschen besuchen, um die Hausärzte zu entlasten.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Nach der für das Jahresende geplanten Schließung des Krankenhauses in Wadern will der Träger Marienhaus sich mit einem bundesweiten Pilotprojekt in der Region engagieren. Die Idee: Ausgebildete Pflegekräfte, die bei Marienhaus beschäftigt sind, sollen mit Hausbesuchen die Hausärzte in Wadern entlasten und so vor allem bei der Versorgung chronisch kranker Menschen helfen. Eine speziell weitergebildete Pflegekraft, so der Träger, könnte dann regelmäßig Menschen zu Hause besuchen, die schwer erkrankt sind, die zum Beispiel einen Schlaganfall hatten. Die Pflegekraft soll Komplikationen frühzeitig erkennen und gegensteuern – immer in Abstimmung und unter Federführung des Hausarztes.

Für dieses Projekt namens „Hand in Hand“ gab es nun grünes Licht aus Berlin. Für drei Jahre stehen acht Millionen Euro aus einem vom Bundestag beschlossenen Innovationsfonds der Krankenkassen zur Verfügung. Der Innovationsfonds war unter anderem aufgelegt worden, um neue Versorgungsformen auszuprobieren, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Wenn sich das Projekt bewährt, könnte der Hochwald Vorbild für andere Regionen in Deutschland werden.

Das saarländische Gesundheitsministerium hatte den Antrag von Beginn an unterstützt. „Die Ärzte würden genauso profitieren wie die Patienten“, hatte Staatssekretär Stephan Kolling (CDU) gesagt. „Es wäre schade, wenn wir die Millionen nicht im Saarland hätten.“

Wenn die niedergelassenen Ärzte das Angebot zur Zusammenarbeit aufgreifen, dann „wollen wir im nächsten Jahr beginnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Marienhaus-Stiftung, Heinz-Jürgen Scheid, der SZ. Die Zahl der Hausärzte gehe stetig zurück; deshalb seien neue Versorgungsformen nötig.

Das sieht auch die Ärztekammer des Saarlandes so. Ihr Präsident Josef Mischo sagte, die Kammer unterstütze alles, was den Ärzten sinnvoll helfe, wenn sich der Ärztemangel verstärke. Er halte es grundsätzlich für richtig, wenn nicht-ärztliche Assistenzberufe den Ärzten Arbeit abnehmen könnten – in enger Zusammenarbeit mit den Ärzten vor Ort. Marienhaus-Stiftungschef Scheid sagte: „Wir müssen frühzeitig neue Wege gehen, denn sonst laufen wir Gefahr, dass sich in wenigen Jahren Lücken in der hausärztlichen Versorgung auftun.“ Deshalb sei es für das Gelingen des Projektes entscheidend, dass die niedergelassenen Haus­ärzte mitmachen. „Wir wollen etwas für die Menschen in der Region Wadern tun. Deshalb hoffen wir, dass wir die Hausärzte dafür gewinnen können“, so Scheid. Die Marienhaus-Unternehmensgruppe halte in den eigenen Krankenhäusern – allein im Saarland sind es sieben Standorte – bereits Ausschau nach Pflegekräften, die an diesem Projekt mitarbeiten wollen.

Dass Scheid die Hausärzte im Hochwald umwirbt, hat den einfachen Grund, dass es unter ihnen zumindest in der Vergangenheit Bedenken gab. Der Bedarf an den neuen Pflegekräften wurde bezweifelt. Außerdem gab es in der Ärzteschaft die Befürchtung, dass die Marienhaus-Idee „nicht unserem Versorgungsmodell“ entspricht. Denn seit Jahren gibt es auch im Saarland das Modell „Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis“ (VERAH). Dabei handelt es sich um weitergebildete Medizinische Fachangestellte, Arzthelferinnen oder Krankenschwestern, die im Auftrag des Hausarztes – auch bei Hausbesuchen – bestimmte Tätigkeiten wie Verbandswechsel, Zuckermessung oder Blutdruckkontrolle eigenständig durchführen. Sie sind, anders als bei dem Marienhaus-Pilotprojekt, direkt beim jeweiligen Hausarzt angestellt.

Derzeit gibt es im Saarland nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) 169 ausgebildete VERAHs. Jeder zweite Hausarzt im Land könne auf eine VERAH zurückgreifen, so die KV.

Für Scheid knüpft Marienhaus mit dem Projekt bei seinen Ursprüngen an: Denn die Waldbreitbacher Franziskanerinnen seien anfangs auch in Wadern zu den Menschen gegangen und hätten sie in der häuslichen Pflege unterstützt.

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