Korruptionsprozess Verteidiger: „Sauerei ist nicht strafbar“

Saarbrücken/Mettlach · Im Korruptionsprozess um das Mettlacher Flüchtlingsheim plädiert der Staatsanwalt auf Bewährungsstrafen plus Geldbußen.

 Ewald Johannes Rausch, Ex-SPD-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat, der Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Georg Stritter und der ehemalige Mettlacher SPD-Bürgermeister Carsten Wiemann (v. l.) vor dem Landgericht.

Ewald Johannes Rausch, Ex-SPD-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat, der Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Georg Stritter und der ehemalige Mettlacher SPD-Bürgermeister Carsten Wiemann (v. l.) vor dem Landgericht.

Foto: BeckerBredel

Im Korruptionsprozess um das jetzt als Flüchtlingsheim genutzte ehemalige Hotel „Auf Kappelt“ im Mettlacher Ortsteil Saarhölzbach will die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Saarbrücken morgen ihr Urteil fällen. Dies kündigte die die Vorsitzende Richterin Christiane Schmitt heute an. Angeklagt wegen Vorteilsannahme ist der Ex-SPD-Bürgermeister von Mettlach, Carsten Wiemann (51). Seinen früheren Parteifreunden Markus Rausch (47), Rechtsanwalt und Ex-SPD-Fraktionschef im Gemeinderat, und Hans-Georg Stritter (67), Ex-SPD-Landtagsabgeordneter und Verwaltungsrat der Sparkasse Merzig-Wadern, wird Vorteilsgewährung vorgeworfen. Das Gericht hat bereits darauf hingewiesen, dass möglicherweise auch der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im Raum steht, was höhere Mindeststrafen bedeuten würde. Nachdem Oberstaatsanwältin Sabine Kräuter-Stockton in dem Verfahren als Zeugin gehört wurde und damit als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft aus dem Prozess ausschied, stieg ihr Kollege Thomas Haug in das Verfahren ein. Kräuter-Stockton gesellte sich unter die Zuschauer im Saal. Haugs gut halbstündiges Plädoyer, das er weitgehend vom Blatt ablas, brachte die Verteidiger Jens Schmidt (für Stritter), Joachim Giring (für Wiemann) und Johannes Zimmermann (für Rausch) auf die Palme. Schmidt, dessen Argumentation sich seine Kollegen anschlossen, sprach von einem „vorgefertigten Plädoyer“. Haug sei nur eine Marionette der Oberstaatsanwältin, die ihm wiederholt in Sitzungspausen Unterlagen und Akten erläutert habe. Die Strafkammer lehnte es ab, diese Feststellungen der Verteidiger ins Protokoll aufzunehmen.

Der angegriffene Ankläger: „Ich bin keine Marionette, beantrage keine Strafen, von denen ich nicht überzeugt bin, gegen Menschen.“ Haug hatte zuvor betont, die Angeklagten hätten sich von Geldgier leiten lassen und im Sommer 2015 „unter Ausnutzung der Flüchtlingskrise und ihrer herausgehobenen Positionen in der Gemeinde“ gemeinsam beschlossen, „Geld zu machen“. Dafür wurde über eine eigens gegründete Gesellschaft „Grüner Kreis Immobilien“ das frühere Hotel für 210♦000 Euro gesteigert. Die Rollen seien damals klar verteilt gewesen: Wiemann besorgte demnach als Rathauschef den lukrativen Mietvertrag (5000 Euro netto pro Monat für fünf Jahre) mit der Gemeinde, Rausch organisierte die Firma und deren heimliche Gründung in Berlin und Stritter kümmerte sich um ein günstiges Darlehen der Sparkasse. An der Immobilienfirma sollte jeder der Beteiligten ein Drittel halten. Gewinn nach der Rechnung des Staatsanwaltes: Pro Kopf im Jahr 6400 Euro und eine schuldenfreies Objekt nach etwa sechs Jahren. Für den Staatsanwalt ein Fall von Bestechlichkeit (Wiemann) und Bestechung. Er beantragte Bewährungsstrafen von 21 Monaten gegen Rausch, der auch bei der GmbH-Gründung geschwindelt haben soll, und 20 Monaten gegen Wiemann und Stritter. Zudem sollen Geldauflagen bis 15♦000 Euro verhängt werden.

Im Tenor waren sich die drei Verteidiger in ihren Plädoyers einig. Die Angeklagten, die heute durchweg die Vorwürfe einräumen und bedauern, haben sich aus ihrer Sicht vielleicht „unklug“ oder „hochgradig unvernünftig“ verhalten. Keineswegs sei aber ein Straftatbestand erfüllt, insbesondere kein Korruptionsdelikt. Weder sei ein Amtsträger geschmiert worden, noch habe jemand einen Vorteil erbracht. Die Verteidiger forderten Freisprüche von den Korruptionsvorwürfen. Ihre Mandanten hätten selbst den Schaden mit finanziellen Einbußen verkraften müssten, aber nicht gegen Strafgesetze verstoßen. Anwalt Schmidt: „Der Tatbestand der Sauerei ist nicht strafbar.“ Auch die Medien bekamen ihr Fett weg. Verteidiger Zimmermann sprach von „tendenziöser Berichterstattung“ zum Nachteil der Angeklagten.

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