Trier Merkel und die Alltagsprobleme Europas

Trier · Trierer Bürger diskutierten mit der Kanzlerin – auch darüber, dass Pflegekräfte in Luxemburg 1000 Euro mehr verdienen.

  Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht beim Bürgerdialog in Trier in den Kreis der ausgewählten Personen. Zu der Veranstaltung eingeladen hat der Deutsche Volkshochschul-Verband mit der VHS Trier.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht beim Bürgerdialog in Trier in den Kreis der ausgewählten Personen. Zu der Veranstaltung eingeladen hat der Deutsche Volkshochschul-Verband mit der VHS Trier.

Foto: dpa/Harald Tittel

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist gestern bei ihrem Besuch in Trier mit den konkreten Problemen Europas im Alltag konfrontiert worden. Bei einer 90-minütigen Diskussion zum Thema Europa mit 67 Bürgern in der Europäischen Rechtsakademie wurden immer wieder die Unterschiede zwischen Luxemburg und Deutschland angesprochen.

Die von der Trierer Volkshochschule zum Teil per Los ausgesuchten Bürger sprachen immer wieder Unterschiede an, die trotz einer europäischen Union bestehen. Zum Beispiel bei der Bezahlung der Pflegekräfte, auf die der Pflegedirektor des Trierer Brüderkrankenhauses, Jörg Mogendorf, hinwies. 1000 Euro netto mehr im Monat verdienten Pfleger im Nachbarland, das mache es hierzulande schwer, genügend Personal zu finden, und verschärfe den Pflegenotstand, sagte Mogendorf.

Merkel, die insgesamt gut vorbereitet war und auf fast alle Fragen schlagfertig antwortete, räumte ein, dass Pflegekräfte in Luxemburg mehr verdienen als dieseits der Grenze – doch sie versprach, dass in Deutschland Pfleger künftig besser bezahlt werden und sich deren Arbeitsbedingungen für den „schweren Beruf“ verbessern. Allein mit der Anwerbung ausländischer Pflegekräfte könne der Personalmangel nicht gelöst werden.

Neu war für die Kanzlerin, dass in Luxemburg beschäftigte Grenzgänger nur einen bestimmten Anteil ihrer Arbeitszeit in Deutschland haben dürfen, da sie hier ansonsten einen Teil ihres Einkommens mit einem deutlich höheren Steuersatz versteuern müssen. Konkret ging es bei der Frage einer seit zehn Jahren in Luxemburg arbeitenden Triererin darum, dass sie aus diesem Grund keine Heimarbeit machen könne. Merkel versprach, das Problem mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zu besprechen.

Die Frage eines Restaurantbesitzers, warum es zwischen Deutschland und Luxemburg noch immer unterschiedliche Mehrwertsteuersätze etwa für Essen gebe, nahm die Kanzlerin zum Anlass, auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, zu einem europaweit einheitlichen Steuersystem zu kommen. Immer wieder verwies sie auf Flickenteppiche, die es in Europa noch gebe, etwa bei den Steuern oder bei den unterschiedlichen Sozialsystemen. Es sei „entsetzlich mühselig“, sagte Merkel einmal.

Keine Probleme erwartet die Kanzlerin hingegen bei der geplanten Pkw-Maut auf Autobahnen. Sie glaube nicht, dass es dadurch zu Einschränkungen des kleinen Grenzverkehrs zwischen Luxemburg und Deutschland komme. Und die angekündigten Klagen von Nachbarländern gegen die Maut sieht sie gelassen. Die Bundeskanzlerin verteidigte die offenen Grenzen in Europa, sagte aber auch, dass diese geschützt werden müssten vor illegaler Einwanderung. Zugleich betonte sie: „Menschen, die zu uns kommen, werden nicht besser gestellt als die, die schon hier leben. Und wir haben auch für niemanden etwas gekürzt.“ Das Gegenteil sei der Fall, sagte Merkel und nannte die Rentenerhöhungen als Beispiel. „Es gibt, auch wenn man solche Sorgen hat, keine Begründung für Hass“, ergänzte sie.

Die Kanzlerin rief Europa zu schnellerem gemeinschaftlichen Handeln in Wirtschaft und Forschung auf, um Rückstände aufzuholen. „Ich glaube, dass wir uns sputen müssen“, sagte sie. „Wir werden große Entwicklungen nicht alleine schaffen, wenn wir uns nicht mit anderen europäischen Ländern zusammentun und unsere Kräfte bündeln.“ Europa sei inzwischen „so ein bisschen alltäglich geworden“. Sie warnte: „Das ist so selbstverständlich auch nicht, wenn wir einmal wieder anfangen mit Nationalismus.“ Europa müsse gemeinsame Werte verteidigen. Migration müsse gelenkt werden, „wie es unseren Interessen entspricht“: „Es geht darum, dass wir unser humanitäres Gesicht weiter klar zeigen.“ Immer wieder verwies sie bei der live im SWR-Fernsehen übertragenen Diskussion auf Frankreich als starken Partner in Europa. Dies sollte eigentlich auch bei der Veranstaltung sichtbar werden. Denn ursprünglich war geplant, dass der französische Staatspräsident Emmanuel Macron nach Trier kommt. Das scheiterte aber an Terminproblemen.

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