"Mein Tumor heißt Bruno"

Saarbrücken. Wie ist das, jemanden zu treffen, der weiß, dass er bald sterben wird? Reiner Gaußmann, unheilbar an Lungenkrebs erkrankt, ist nicht etwa gedrückt oder traurig. Sondern vielmehr ein Mensch voller Tatendrang, mit vielen Zukunftsplänen. Die Augen sprühen vor Lebenslust, als Gaußmann erzählt: "Ich freue mich auf Berlin

 Mit Kunst gegen den Krebs: Reiner Gaußmann, der sich in Saarbrücken einen Namen als Gastronom gemacht hat, schreibt nicht nur Bücher, sondern malt auch. Foto: Rolf Ruppenthal

Mit Kunst gegen den Krebs: Reiner Gaußmann, der sich in Saarbrücken einen Namen als Gastronom gemacht hat, schreibt nicht nur Bücher, sondern malt auch. Foto: Rolf Ruppenthal

Saarbrücken. Wie ist das, jemanden zu treffen, der weiß, dass er bald sterben wird? Reiner Gaußmann, unheilbar an Lungenkrebs erkrankt, ist nicht etwa gedrückt oder traurig. Sondern vielmehr ein Mensch voller Tatendrang, mit vielen Zukunftsplänen. Die Augen sprühen vor Lebenslust, als Gaußmann erzählt: "Ich freue mich auf Berlin." Dort wird er, wie schon an vielen anderen Orten, aus seinem Buch "Mein Tumor heißt Bruno" lesen. Wieder wird er Menschen Mut machen, ihnen Trost geben. Reiner Gaußmann weiß, dass er den Krebs nicht besiegen wird.

"Immer wieder liest man von solchen Geschichten, ich bin da vorsichtig," bekennt er. Gaußmann hat einen anderen Weg gewählt, schon am Tag nach der Diagnose hat er seinem Tumor einen Namen gegeben und ihn zu seinem Gefährten gemacht. In Erinnerung an den Bären, der in Bayern erlegt wurde, hat er ihn Bruno genannt. "Ich kämpfe nicht mit ihm, ich lebe mit ihm, ich spreche mit ihm," bekennt Gaußmann. Manchmal schimpft er auch mit ihm. Aber meistens sagt er zu ihm: "Ein Glück, dass wir noch hier sind." Eine klitzekleine Hoffnung hat Reiner noch: "Vielleicht geht Bruno ja doch noch von selbst." Und wenn nicht? "Dann sterben wir gemeinsam." Hat er Angst davor? Gaußmann schüttelt heftig den Kopf. "Überhaupt nicht. Ich bin überzeugt davon, dass es weitergeht." Auch die Diagnose sei kein Schock gewesen, danach musste Gaußmann vielmehr seine Frau und die Töchter trösten. Er begann, seine Gedanken und Erlebnisse aufzuschreiben. Er erzählt in seinem Buch, was er erlebt, ohne zu beschönigen, ohne zu dramatisieren. Und bricht hier ein Tabu, indem er Trauer als intensives Leben begreift und beschreibt. Auch in Bildern setzt sich Gaußmann mit seinem Leben auseinander.

Das Buch: "Mein Tumor heißt Bruno", Blattlaus-Verlag Saarbrücken, ISBN 978-3-930771-66-0. Lesung: 18. Januar, 18 Uhr, Hotel Leidinger, Mainzer Str. 10, anschließend Ausstellungseröffnung "Wie viel Zeit bleibt".

Zur Person

Reiner Gaußmann wurde am 1. August 1953 in Saarbrücken geboren, wuchs in Burbach auf und absolvierte eine Lehre als Bäcker. Anfang der 1980er-Jahre übernahm er die Kultkneipe "Kater Karlos", 1985 eröffnete er sein eigenes Lokal auf dem Rotenbühl: "Gaußmann am Ilseplatz". 1996 fing er an zu malen, verarbeitete darin seine Schicksalsschläge und sein Leben. 2006 verabschiedete er sich von der Kneipenszene und machte eine Ausbildung in der Sterbebegleitung, dazu einen Kurs in der Demenzkranker. Gaußmann hat zwei Töchter und lebt mit seiner Frau Gabriella in Fremersdorf. kjs

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