"Medizin ist ein Studium voller Vielfalt"

Homburg. Ärzte arbeiten zu viel, Ärzte verdienen zu wenig, Ärzte verbringen einen großen Teil ihrer Arbeitszeit mit Verwaltungskram, Ärzte werden von Gesundheitspolitikern schikaniert. So hören sich die Klagen vieler Ärzte an. Nun müsste man daraus ja folgern, dass Medizin derzeit so ziemlich das Letzte sei, was man studieren sollte

Homburg. Ärzte arbeiten zu viel, Ärzte verdienen zu wenig, Ärzte verbringen einen großen Teil ihrer Arbeitszeit mit Verwaltungskram, Ärzte werden von Gesundheitspolitikern schikaniert.

So hören sich die Klagen vieler Ärzte an. Nun müsste man daraus ja folgern, dass Medizin derzeit so ziemlich das Letzte sei, was man studieren sollte. Seltsamerweise sieht die Wirklichkeit aber ganz anders aus. Auf die 230 Medizin-Studienplätze in Homburg kamen im vergangenen Jahr über 3500 Bewerber, bundesweit sind es rund 30 000 Bewerber auf 8300 Studienplätze.

Gestern Nachmittag konnten sich Abiturienten und ihre Eltern anlässlich des Hochschulinformationsbesuchs auf dem Homburger Campus eineinhalb Stunden informieren, ob sie denn richtig liegen mit ihrem Studienwunsch Medizin, oder ob sie mit Jura oder BWL vielleicht doch mehr anfangen könnten. Für das Fach Medizin spreche, dass es immer Nachfrage gebe, sagt Studiendekan Professor Norbert Graf. Wir fragten ihn, was denn wirklich dran ist am von vielen so begehrten Medizinstudium.

Warum soll man heute noch Medizin studieren?

Graf: Weil es eines der tollsten Fächer ist, die es gibt. Man hat als Mediziner eine sehr große Bandbreite an Möglichkeiten - man kann in die Forschung gehen oder sich auf Informatik, Physik oder Jura spezialisieren, man kann in die Pharma-Industrie wechseln - oder einfach nur Arzt werden. Nur mit dem Vorsatz, viel Geld zu verdienen, sollte man dieses Studium nicht anfangen, denn der erfüllt sich nicht.

Was hat sich seit Ihrer Studienzeit geändert? Sind die Medizin-Studenten heute anders?

Graf: Ja, das kann man schon sagen. Wir waren früher selbstständiger, wir haben mehr Eigenverantwortung mitgebracht. Ich habe den Eindruck, dass die Studenten heute gar nicht mehr so recht vorbereitet sind, wenn sie plötzlich selbst in der Verantwortung stehen. Sie sind vielmehr gewohnt, dass immer jemand auf sie aufpasst und sie an der Hand nimmt. Aber das geht an einer Universität nicht. Und wenn Klausuren angesetzt sind, sind sie angesetzt. Dann kann man nicht damit kommen, dass man noch nicht gut genug vorbereitet sei, weil irgendetwas Privates Vorrang hatte. Es geht im Studium auch nicht nur ums Lernen von Stoff, es geht auch darum, dass man zu einer Persönlichkeit heranreift.

Würden Sie noch einmal Medizin studieren?

Graf: Ja, vor allem wegen der Vielfalt, die das Studium mit sich bringt. Es ist ein wunderbarer Beruf. Die Reaktionen, die man von kranken Menschen bekommt, um die man sich bemüht, wiegen viel mehr als Geld. Es gibt wohl kaum einen Beruf, in dem man sich so gut verwirklichen kann - sofern man Menschen mag.

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