25 Jahre Uhrenmuseum Köllerbach Martin Riches gibt Maschinen und Uhren eine Stimme

Püttlingen · Der britische Künstler hat schon die verrücktesten Dinge nachgebaut, am liebsten aber baut er Uhren, die derzeit im Saarländischen Uhrenmuseum zu sehen sind.

 Der britische Künstler Martin Riches mit einer seiner Uhren im Uhrenmuseum in Köllerbach. Die meisten seiner Kreationen sind aus Holz.

Der britische Künstler Martin Riches mit einer seiner Uhren im Uhrenmuseum in Köllerbach. Die meisten seiner Kreationen sind aus Holz.

Foto: Silvia Buss

Manche Menschen werden nervös, wenn sie auf die Uhr blicken. Denn meistens ist es schon später, als man gedacht hat, und man wollte doch noch so viel erledigen. Nicht so Martin Riches. Der britische Künstler ist die Ruhe selbst, wenn er vor eine seiner Wanduhren tritt, die derzeit im Saarländischen Uhrenmuseum in Köllerbach ausgestellt sind. Riches schaut auch nicht auf die eher unscheinbaren Zeiger, sondern auf die Zahnrädchen, die bei seinen Uhren freil iegen.

Der Brite, der bis 5. August im Uhrenmuseum vor Ort ist, um Besuchern seine Werke zu erläutern, ist fasziniert von allem, was mechanisch funktioniert. Und wenn er von etwas fasziniert ist, will er es selbst nachbauen. Die verrücktesten Dinge hat er schon nachgebaut. Wie etwa das menschliche Sprechwerkzeug. Eine seiner sprechenden und singenden „Singing Machines“, für die er international bekannt ist und die er 2016 schon in der Saarbrücker Stadtgalerie ausstellte, hat er auch nach Köllerbach mitgebracht. Ein Blasebalg anstelle der Lunge treibt die Luft durch ein Glasrohr, in dem ein Rohrblatt den Kehlkopf simuliert, dann durch zwei Lippen und vorbei an einer Zunge, alles ist beweglich, fast alles aus Holz. Wenn sich Riches dann an den alten MS-DOS-Computer setzt und Befehle eintippt, gibt die Maschine tatsächlich mit einem leichten Schnarren „a, e, i, o, u“ von sich und kann sogar ein japanisches Gedicht aufsagen.

Man ahnt, wie kompliziert es war, die Mechanik zu bauen, und doch sieht die „Singing Machine“ so verblüffend Low-tech, so einfach aus. Das gilt auch für Riches Uhren, die er hier in Köllerbach anlässlich des 25. Jubiläums des Uhrenmuseums zum ersten Mal in so großer Anzahl zusammen zeigt. „Schon in den 60er Jahren, während meines Architekturstudiums, nachdem ich ein Buch über Uhrenbau entdeckt hatte, habe ich erste Uhren gebaut“, erzählt der Brite. „Wirklich angefangen“ habe er aber erst viel später. 1969 wechselte Riches vom „Swinging London“ nach West-Berlin, stürzte sich in die Kunstszene, ließ die Architektur sein und wurde selber Künstler. Die acht Uhren, die Riches in Köllerbach präsentiert, entstanden im Zeitraum von 1997 bis 2018. Eine davon wird das Uhrenmuseum später in seine Sammlung übernehmen.

Nicht umsonst hat Riches seine Schau „Clockwork“, Uhrwerke, betitelt. Denn auf die Funktionsweise, die Mechanik kommt es dem Künstler an. Alles, was sie verdecken würde, wie Ziffernblätter und Schutzgehäuse, hat er weggelassen. So kann man ungestört das Zusammenspiel Räderwerk, „Hemmungen“ und Pendel betrachten. Jedes Uhrwerk sieht etwas anders aus, denn Riches hat sich von verschiedenen historischen Uhrenbau-Techniken inspirieren lassen, wie man sie auch in der Sammlung des Uhrenmuseums wiederfindet. Was seine Uhrwerke aber so besonders macht, ist, dass sie weitgehend aus Holz bestehen, sogar die großen und kleinen gezackten Zahnrädchen, die dadurch sehr fragil wirken. „Holz ist leichter zu schneiden“, begründet Riches seine Materialwahl.

Seine Uhrwerke gingen auch sehr genau, betont Riches, nur bei feuchtem Wetter, wenn sich das Holz ausdehne, etwas langsamer. Was ihn aber nicht stört, denn für ihn sind die Uhrwerke in erster Linie kinetische Objekte, die sogar helfen können, den Menschen zu entschleunigen. Einige seiner Uhrenpendel brauchen fünf Sekunden, um einmal hin- und herzuschwingen. Das entspricht laut Riches dem menschlichen Atemrhythmus und hat beruhigende Wirkung. Allzu viel Ruhe hat der Künstler im Uhrenmuseum aber nicht, denn es kommen ständig Besucher. „Es sind genauso viele wie in der Stadtgalerie“, freut sich Riches.

Am heutigen Mittwoch um 16 Uhr lädt der VHS-Regionalverband zu einem Gespräch des Künstlers mit Peter Michael Lupp, Kulturreferent des Regionalverbandes und Kurator der Ausstellung, ein.

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