"Man ist halt Molschder"

Saarbrücken. "Man ist halt Molschder." Mit diesem Satz wäre eigentlich alles erklärt. Die Liebe zum 1. FCS. Und die Angst um die Saarlandhalle zum Beispiel. Aber Carl Bossert will das schon noch genauer erklären. 88 Jahre ist er alt. Fast 20 Jahre ist es her, seitdem er seinen Posten als Geschäftsführer der Saarbrücker Saarlandhalle räumte und in Pension ging

Saarbrücken. "Man ist halt Molschder." Mit diesem Satz wäre eigentlich alles erklärt. Die Liebe zum 1. FCS. Und die Angst um die Saarlandhalle zum Beispiel. Aber Carl Bossert will das schon noch genauer erklären. 88 Jahre ist er alt. Fast 20 Jahre ist es her, seitdem er seinen Posten als Geschäftsführer der Saarbrücker Saarlandhalle räumte und in Pension ging. Losgelassen hat sie ihn nie, seine Halle.Carl Bossert sitzt im Arbeitszimmer seines Hauses im Wald auf dem Winterberg. Rings um ihn Natur. Es gehe ihm hier gut, sagt er. In Gedanken - und mit dem Herzen sowieso - ist er aber noch oft unten im Tal. Dort wo er 1923 geboren wurde: in der Neustraße. Und dort, wo er saarländische Geschichte geschrieben hat: im Ludwigspark und in der Saarlandhalle.

Sieben Jahre war Bossert Verkaufsleiter beim Wursthersteller Schröder. Dann kam der Anruf von Hermann Neuberger, irgendwann 1966, Bossert erinnert sich nicht mehr genau an den Tag. Aber was der große Sportfunktionär im gesagt hat, weiß er noch so genau, als wäre es gestern gewesen: "Wir wollen eine Halle bauen. Könntest Du Dich um die Bewirtschaftung kümmern."

Dass sein "Sportkamerad" Neuberger ausgerechnet ihn anrief, sei nicht von ungefähr gekommen, sagt Bossert. Von 1949 bis 1961 hatte Bossert die "Schdrohdiele" in der Reichsstraße gehabt - eine damals beliebte Kneipe gegenüber der ehemaligen Bergwerksdirektion. 1949 organisierte er im Ludwigspark "das erste Volksfest in Saarbrücken nach dem Krieg", erzählt Bossert. Das sei "eine richtige Völkerwanderung" gewesen, damals im September. Auch das Restaurant zwischen Halle eins und Halle zwei auf dem Messegelände hat Bossert betrieben - gut 50 Jahre lang. Und Gastronomie im Ludwigspark selbst natürlich auch.

Der gelernte Metzger hat sein Startkapital mit einem Abfallprodukt verdient. Er hat in den Pariser Markthallen Abfallfett eingesammelt und es nach Deutschland gebracht. 1952, als längst klar war, dass er nicht weiter in diesem Beruf arbeiten würde, hat er seine Metzger-Meisterprüfung gemacht. Was man macht, soll man richtig machen, erklärt Bossert. "Dann habe ich meinen Kaufmann gemacht in der Abendschule", sagt er. Damit habe er alle Kenntnisse beisammen gehabt für seine Erfolgsgeschichte.

Eine Geschichte, zu der es auch gehört, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Nach dem Anruf von Neuberger zum Beispiel. Der Vorstand des Landessportverbands habe ihm die Pläne für die neue Halle gezeigt. Er hat sie mit nach Hause genommen und sie sich in Ruhe angesehen - "an einem verregneten Sonntag im Spätsommer 1966", wie sich Bossert erinnert. Montags habe er dann den Funktionären des Landessportverbands erklärt, dass man die Pläne etwas ändern müsse, um etwas wirklich Großes daraus zu machen.

Keine Sporthalle solle man bauen, sondern eine Mehrzweckhalle, riet Bossert. Und diese Halle dürfe nicht von einem Verein oder Verband gemanagt werden, sondern von einer GmbH. "Kurze Wege im Management sind wichtig für den Erfolg", erklärte Bossert den Sportfunktionären. Da seien schwerfällige Gremien hinderlich. Man folgte Bosserts Vorschlag - und machte ihn zum Geschäftsführer des Unternehmens. "Es war die erste große Halle in Deutschland, die als GmbH organisiert war", sagt er. Am 27. Oktober 1967 wurde die Halle eröffnet. In den kommenden Jahrzehnten holte Bossert nicht nur namhafte Künstler aus der ganzen Welt nach Saarbrücken. Die ARD und das ZDF produzierten in der Halle über 100 große Shows - unter anderem 1999 "Wetten dass . . .?" mit Weltstar Michael Jackson.

Carl Bossert erinnert sich aber nicht nur an all die großen Namen, sondern auch an die 4000 Schnitzel mit Kartoffelsalat bei der Barbarafeier 1968.

 Carl Bossert im Arbeitszimmer seines Anwesens auf dem Winterberg. Foto: Oliver Dietze

Carl Bossert im Arbeitszimmer seines Anwesens auf dem Winterberg. Foto: Oliver Dietze

 Carl Bossert im Arbeitszimmer seines Anwesens auf dem Winterberg. Foto: Oliver Dietze

Carl Bossert im Arbeitszimmer seines Anwesens auf dem Winterberg. Foto: Oliver Dietze

 Carl Bossert im Arbeitszimmer seines Anwesens auf dem Winterberg. Foto: Oliver Dietze

Carl Bossert im Arbeitszimmer seines Anwesens auf dem Winterberg. Foto: Oliver Dietze

Dass nun darüber geredet wird, dass das Saarland eine neue Halle brauche, schmerzt ihn. "Die Halle ist nicht alt, sie wird alt gemacht", sagt Bossert. Statt nach neuen Standorten zu suchen, solle die Politik den "historischen Standort halten", die alte Halle "ertüchtigen". Es gehe darum, "nicht einfach zu verwalten, sondern Ideen zu haben". Und dafür stehe die Halle genau richtig - in Molschd.

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