Saarbrücken „Zahlenfriedhöfe“ an der Sportschule

Saarbrücken · Im Landtag schweigt der frühere Geschäftsführer Paul Hans zur LSVS-Affäre. Ein Namensvetter äußert sich deutlich.

 Der Rest ist Schweigen: Im Untersuchungsausschuss zur Finanzaffäre beim Landessportverband war diesmal Ex-Geschäftsführer Paul Hans als Zeuge geladen. Er redete nur kurz, verweigerte die Aussage.

Der Rest ist Schweigen: Im Untersuchungsausschuss zur Finanzaffäre beim Landessportverband war diesmal Ex-Geschäftsführer Paul Hans als Zeuge geladen. Er redete nur kurz, verweigerte die Aussage.

Foto: Andreas Schlichter

Paul Hans räuspert sich. Der frühere Geschäftsführer des Landessportverbandes für das Saarland (LSVS) soll seinen Namen nennen. Schon das fällt ihm schwer, der 65-Jährige wirkt angespannt. Obwohl klar ist, dass er gleich wieder schweigen, sich im Untersuchungsausschuss des Landtages nicht zur Finanzaffäre des LSVS äußern wird. Hans verweigere die Aussage, erklärt sein Rechtsanwalt.

Dafür spricht an diesem Dienstag ein Mann, dessen Namen man zwei Mal lesen muss: Peter Hans. „Wir heißen beide P. Hans, haben aber nichts miteinander zu tun“, stellt der Wirtschaftsprüfer von der Treuhand Saar fürs Protokoll fest. Mit dieser Nonchalance ist der Ton gesetzt. Zwar verfällt der Finanzexperte bisweilen in einen Flüsterton. Aber aus seinen Formulierungen spricht Klartext. Aus ihnen ergeben sich für die Fraktionen unterschiedliche Antworten auf eine philosophisch anmutende Frage: Was konnte wer wissen?

Peter Hans gilt als Entdecker des Millionenlochs bei der Dachorganisation des Saarsports. Der zurückgetretene LSVS-Präsident Klaus Meiser engagierte ihn im November vergangenen Jahres. Hans sollte sich Auffälligkeiten im Haushaltsplan ansehen. Nach ein paar Stunden habe er gesehen, dass die Probleme tiefer lägen, sagt Hans. Er förderte „zwei todbringende Komponenten“ zu Tage: ein strukturelles Defizit in Verbindung mit einem hohen Schuldendienst.

Folgt man Wirtschaftsprüfer Hans, so krankt der LSVS an einer „antiquierten Satzung“, an „Steinzeitmethoden“ im Rechnungswesen. So musste der vom LSVS gewählte Prüfer Manfred Zens, der kürzlich im Landtag aussagte, nie einen Lagebericht formulieren. „Jeder kommunalen Klitsche wird ein Lagebericht aufgedrückt, nur nicht diesem Moloch“, sagt Hans. Er meint: „Zahlenfriedhöfe ohne verbale Verbindungen sind ohne Aussagekraft.“

Zens lieferte reichlich Zahlen, die alarmierend waren. In seinen Prüfberichten habe er die Finanzen richtig dargestellt und analysiert, sagt Hans. „Aber darunter steht das Gegenteil.“ Dass alles in Ordnung sei. Auf die sogenannten Bestätigungsvermerke berufen sich bis heute alle Verantwortlichen in Sport und Politik. „Ein Spezialist würde sagen: Da ist doch ein Widerspruch“, erklärt Hans. „Auf den Bestätigungsvermerk muss man sich aber verlassen können.“ Hans sieht ein klares Versäumnis. Laut Handelsrecht müssen Prüfer eine Gefahr deutlich machen, für sie gilt eine Redepflicht. „An dieser Stelle wäre es eine Schreipflicht gewesen“, sagt er.

Wieso es keinen Aufschrei gab? Über Jahre habe man sich beim LSVS „frohgerechnet“, meint Hans. Der Verband hatte Millionen in die Hermann-Neuberger-Sportschule investiert, die Immobilien aber nie als Vermögenswerte ausgewiesen. Prüfer Zens sprach im Ausschuss jüngst von „stillen Reserven“. 2016 kaufte der LSVS den Grund und Boden der Sportschule, seitdem stehen Hallen und Plätze als Aktiva in der Bilanz. Hans spricht vom „Allheilmittel der Aktivierung der Gebäude“, das aus seiner Sicht nie eines war. Weil damit jährliche Abschreibungen von mehr als einer Million Euro verbunden sind.

Auch an den roten Zahlen, die der Betrieb der Sportschule verursacht, änderte der Deal nichts. Wie der Verband dennoch flüssig blieb? Unter anderem, indem Löcher durch ein Millionen-Darlehen für die Sanierung der Turnhalle an der Sportschule gestopft wurden. Peter Hans spricht vor den Parlamentariern von einem „Schneeballeffekt“. Kurz: „Da war nix in Butter.“ Brisant ist, was Hans über die Rechtsaufsicht des LSVS sagt, die gegenwärtig beim Innenministerium von Klaus Bouillon (CDU) liegt. Die Aufsicht hätte kritisch nachfragen, die Plausibilität der Zahlenwerke prüfen müssen, befindet Hans. Auch der Kredit für die Halle, mit welchem der LSVS seine Liquidität sicherte, könnte die Behörde noch beschäftigen. Das Darlehen sei zweckgebunden gewesen, sagt Hans. „Das ist schon ein Kreditbetrug.“

Wie ordnen die Parteien diese Aussage ein? Waren die finanziellen Probleme nur für Experten ersichtlich? Die Christdemokraten erscheinen geneigt, die LSVS-Spitze zu entlasten. „Das Präsidium, das hier ehrenamtlich tätig war, hat seine Arbeit gemacht“, sagt Frank Wagner (CDU). Petra Berg (SPD) zeigt sich dagegen weiterhin überzeugt, dass die finanzielle Schieflage erkennbar war. Jochen Flackus von der Linksfraktion sagt: „Die Hauptlast liegt nun mal beim Präsidium.“ Zugleich nimmt er das Ministerium in die Verantwortung: „Die Rechtsaufsicht – das sind Experten.“

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