Verfassungsschutz Linke will Verfassungsschutz bremsen

Saarbrücken · Der Abgeordnete Dennis Lander fordert mehr Transparenz und stärkere Kontrolle – und sieht aktuelle Beispiele für Pannen.

 Die Linke erhebt schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz im Saarland, der seinen Sitz im Neugrabenweg in Saarbücken hat.

Die Linke erhebt schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz im Saarland, der seinen Sitz im Neugrabenweg in Saarbücken hat.

Foto: BeckerBredel

Der Verfassungsschutz ist der Linken schon lange ein Dorn im Auge. Seit Jahren fordert sie – ebenso wie Teile der Grünen – die Abschaffung der Behörde. Weil es dafür aber bislang keine politische Mehrheit gibt, will der Linken-Landtagsabgeordnete Dennis Lander nun „wenigstens mehr Transparenz sowie eine stärkere Kontrolle“ des Verfassungsschutzes im Saarland erreichen. Konkret soll dessen Leiter einmal im Jahr öffentlich von den Landtagsabgeordneten angehört werden, so wie es im Bundestag bereits der Fall ist. Außerdem sollen wie in Thüringen alle verdeckten Informanten des Verfassungsschutzes (sogenannte V-Leute) außer Dienst gestellt werden. Denn das 2003 gescheiterte NPD-Verbotsverfahren habe die Problematik des Einsatzes von V-Leuten offenbart. Auch habe der NSU-Prozess deutlich gemacht, dass der Verfassungsschutz intransparent und eine „echte Reform“ bis heute ausgeblieben sei. Deshalb könne „so etwas wie der NSU jederzeit wieder in Deutschland passieren“, ist Lander überzeugt.

Dass der Verfassungsschutz im Saarland „dringend besser kontrolliert“ und reformiert werden müsse, macht Lander an drei Beispielen fest. So gehe der Verfassungsschutz – der seit April dieses Jahres keine eigenständige Behörde, sondern eine Abteilung des Innenministeriums ist – etwa in Schulen, um dort über seine Arbeit zu informieren und die Wachsamkeit gegenüber sogenannten Gefährdern zu sensibilisieren. Bestätigt habe die Landesregierung eine solche Veranstaltung des Verfassungsschutzes am Leibniz-Gymnasium in St. Ingbert. „Wenn es schon solche Veranstaltungen geben soll, dann wenigstens in Form einer Diskussionsrunde mit Vertretern unterschiedlicher Meinungen“, fordert Lander.

Zweites Beispiel, das Lander anführt: Die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit Jobcentern. Dass im Saarland der Verfassungsschutz Mitarbeiter von Jobcentern dazu auffordere, sich bei ihm zu melden, wenn sie Bürger für Islamisten halten, sei nicht hinnehmbar. In einer Mail hatte das Jobcenter in Saarbrücken im vergangenen Jahr seine Mitarbeiter aufgefordert, „Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Sabotageabwehr und organisierte Kriminalität“ dem Verfassungsschutz zu melden (wir berichteten). „Natürlich“, sagt Lander, „sollten diejenigen, die in Behörden beschäftigt sind, mitteilen können, wenn sie einen ganz konkreten Verdacht haben, dass ein Kunde einen Anschlag plant. Aber dafür ist die Polizei zuständig, die demokratisch transparenter ist, und nicht der Verfassungsschutz. Und es sollte schon ein konkreter Verdacht vorliegen, nicht nur ein komisches Bauchgefühl.“

 Dennis Lander, Innenpolitiker der Linksfraktion im Landtag

Dennis Lander, Innenpolitiker der Linksfraktion im Landtag

Foto: Thomas Wieck

Nach Landers Angaben habe das Jobcenter in der Folge zwei Hinweise weitergeleitet, während der Verfassungsschutz insgesamt sechs Hinweise erhalten haben will. „Dieser Diskrepanz und um welche konkreten Verdachtsfälle es dabei ging, dem wird die Linke nun nachgehen“, kündigte Lander an.

Eine demokratische Aufsicht über den Verfassungsschutz falle schon allein deshalb schwer, „weil er sich regelmäßig hinter einer Geheimhaltungs-Verpflichtung versteckt“, so Lander. Das zeige auch sein drittes Beispiel: der Fall des Saarländers Florian Crosbie, der vom Militärischen Abschirmdienst MAD im Jahr 2012 fälschlicherweise beschuldigt wurde, ein Salafist mit Kontakten zu islamistischen Terrorgruppen in Nordafrika zu sein und von einem Informanten des Saar-Verfassungsschutzes mehrfach vor einem Islamistentreff im Saarland gesehen worden sein soll. Nachdem sich alle Vorwürfe als unwahr herausgestellt haben, will die Linke nun wissen: Welche Quelle im Saarland ist für diese falsche Beschuldigung verantwortlich? Und: Wenn Florian Crosbie verwechselt wurde, wie der MAD erklärt hatte, wer war dann derjenige, der möglicherweise zu Recht als Salafist verdächtigt wurde? Und wo hält er sich heute auf? Eine entsprechende Anfrage hat die Linke nun der Landesregierung gestellt. Auf eine Antwort hofft Lander nach der Sommerpause.

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