Drittes Reich Landtagspräsident will Erinnerung an NS-Verbrechen stärken

Saarbrücken · Die Zeitzeugen, die in den Schulen vom Schrecken berichteten, sterben aus. Stephan Toscani plant deshalb neue Akzente, um junge Leute zu erreichen.

 Landtagspräsident Stephan Toscani warnt vor wachsendem neuen Antisemitismus.  

Landtagspräsident Stephan Toscani warnt vor wachsendem neuen Antisemitismus.  

Foto: dpa/Oliver Dietze

Landtagspräsident Stephan Toscani will die Erinnerung an die Verbrechen im Dritten Reich zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen. Das kündigte er gestern bei einem Pressegespräch an. Die Erinnerungskultur brauche neue Formen, sagte der CDU-Politiker und begründete dies mit zwei Entwicklungen: Zum einen stürben immer mehr Zeitzeugen, die aus der damaligen Zeit berichten könnten. Zum anderen wachse in Deutschland wieder die Judenfeindlichkeit, auch weil Kinder aus manchen Migrantenfamilien von Antisemitismus und der Ablehnung des Staates Israel geprägt seien.

„Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Juden in Deutschland wieder Angst haben. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass der Hitlergruß wieder auf deutschen Straßen gezeigt wird“, sagte Toscani. Auch die Verrohung der Sprache mit deutlichen Hinweisen auf den Sprachgebrauch im Dritten Reich dürfe man nicht akzeptieren. Der Parlamentspräsident verwies darauf, dass einer aktuellen Befragung zufolge nur 47 Prozent der 14- bis 16-Jährigen wissen, dass Auschwitz ein Konzentrations- und Vernichtungslager war.

Toscani will sein Engagement für die Erinnerungsarbeit künftig so ausrichten, dass er vor allem Schülerinnen und Schüler damit erreicht. In den nächsten Monaten wolle er gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern Erinnerungsplätze in ihren Schulorten besuchen. „Es ist mir wichtig zu vermitteln, dass Verfolgung, Unterdrückung und Mord nicht nur an weit entfernten Orten stattgefunden haben – unsichtbar für die Deutschen im Reich“, sagte der Landtagspräsident, sondern auch in den saarländischen Orten.

Am 26. Oktober will Toscani den Anfang machen und mit Schülern des Gymnasiums Wendalinum Orte besuchen, die an jüdische Gemeinden im Landkreis St. Wendel erinnern. Weitere Besuche in anderen Schulen sind geplant. Auch soll die traditionelle Holocaust-Gedenkveranstaltung am 27. Januar im Landtag eine neue Form bekommen. Bei der Gedenkstunde, bei der in der Vergangenheit Überlebende eine Rede hielten, werden Schülerinnen und Schülern in Zukunft ein Projekt präsentieren, bei dem sie sich auf die Spur der Vergangenheit begeben haben. Zusätzlich geplant sind ein wissenschaftlicher Vortrag zum Thema Erinnerungskultur und eine Ausstellung des Adolf-Bender-Zentrums.

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