Kreistag erinnert an NS-Schreckensherrschaft

St. Wendel. Die Bilanz der Nazigräuel nur einer einzigen Nacht im Saarland ruft auch 71 Jahre später noch Beklemmungen hervor: Am 9. November 1938 kam es in 30 Orten zu Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. Der Mob verwüstete14 Synagogen. In 23 Orten griffen die NS-Schergen Juden an. Viele Opfer kamen im Anschluss in Vernichtungslager

St. Wendel. Die Bilanz der Nazigräuel nur einer einzigen Nacht im Saarland ruft auch 71 Jahre später noch Beklemmungen hervor: Am 9. November 1938 kam es in 30 Orten zu Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. Der Mob verwüstete14 Synagogen. In 23 Orten griffen die NS-Schergen Juden an. Viele Opfer kamen im Anschluss in Vernichtungslager. In 13 Orten wurden jüdische Friedhöfe verwüstet. Allein im Landkreis St. Wendel mussten in der Reichspogromnacht in fünf Orten Juden um ihr Leben bangen: in St. Wendel, Bosen, Gonnesweiler, Tholey, Sötern. Über die Auswüchse der Nazi-Herrschaft in der Region informiert seit gestern eine Ausstellung des Adolf-Bender-Zentrums im St. Wendeler Landratsamt. Sie wurde im Anschluss an eine Sondersitzung des Kreistages eröffnet. Einziger Tagesordnungspunkt: das Gedenken an die Judenverfolgung, die mit den Anschlägen vom 9. November 1938 ihr bis dahin größtes Ausmaß annahm. Konkrete Beispiele genanntDer Marpinger Eberhard Wagner, der sich unter anderem als Autor des Alternativen Heimatbuches über den Landkreis St. Wendel mit der Nazi-Diktatur befasst, schilderte während der Sitzung an konkreten Beispielen das Schicksal der Juden im Landkreis bis zu ihrem Tod in Konzentrationslagern. Dabei beklagte er, dass die Bevölkerung tatenlos zugesehen habe. Sich mit der Erklärung vor der Verantwortung zu drücken, man habe nichts davon gewusst, ließ er nicht gelten. Denn die Nazi-Gesetze, die jeder kannte, hätten solche Übergriffe erst ermöglicht. Lokale Zeitungen hatten ausführlich über die Verordnungen - wenn auch propagandistisch - berichtet. Wagner: "Wie weit muss man moralisch gesunken sein, um solche Gesetze gut zu heißen?" Diese Gesetzte stempelten die Opfer gar zu Tätern. Juden mussten unter anderem für die Vernichtung ihres Eigentums durch die Nazis selbst aufkommen. Mit dieser Sitzung, dankte Wagner, hätte der Kreistag, die seiner Meinung nach notwendige Erinnerungskultur in Gang gesetzt.Mit einer Kranzniederlegung an der Stelle, wo am 9. November 1938 die St. Wendeler Synagoge in Flammen aufgegangen war, endete die Sondersitzung. hgn

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