Grippe-Impfung Die unterschätzte Gefahr auf der Station

Saarbrücken · Das Krankenhaus-Personal im Saarland ist häufig nicht gegen Grippe geimpft. Das kann für Patienten fatale Folgen haben.

 Erfahrungen des Berufsverband der Hygieneinspektoren SaarLorLux zufolge sind bislang nur maximal 30 Prozent des Personals von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im Saarland gegen Grippe geimpft.

Erfahrungen des Berufsverband der Hygieneinspektoren SaarLorLux zufolge sind bislang nur maximal 30 Prozent des Personals von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im Saarland gegen Grippe geimpft.

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Erheben saarländische Krankenhäuser den Grippe-Impfstatus ihrer Mitarbeiter? Nach SZ-Recherchen offenbar die wenigsten. Zwar gab es in allen befragten Häusern nach der dramatischen Grippe-Welle des vergangenen Jahres verstärkte interne Werbe-Maßnahmen für die Influenza-Impfung – von Flyern bei der Lohnabrechnung bis hin zur Vorbestellung und Impfstoffreservierung für Personal. Und die Mitarbeiter haben diese den Kliniken zufolge in dieser Impfsaison zum Teil sehr gut angenommen. Das Klinikum Saarbrücken spricht hier etwa von einer Verdoppelung der Impfungen im Vergleich zur Saison 2017/2018.

Aber von sechs befragten großen Akut-Krankenhäusern im Land konnten gerade mal zwei überhaupt Zahlen zum Impfstatus ihrer Mitarbeiter liefern: die SHG Kliniken Völklingen und die Marienhaus Kliniken GmbH. Doch heißt es auch hier zum Teil: „Die Betriebsärzte haben eine gewisse Übersicht über den allgemeinen Impfstatus, allerdings gibt es bisher auch aus Datenschutzgründen keine vollständige Erfassung.“

Dem Berufsverband der Hygieneinspektoren SaarLorLux ist das viel zu wenig. Zumal kleinere Krankenhäuser im Land nach den Beobachtungen der 40 Mitglieder aus den Gesundheitsbehörden der Großregion noch seltener Erhebungen vorzeigen können. Dabei sind Klinik-Leitungen nach Paragraf 23a des Infektionsschutzgesetzes verpflichtet, die Weiterverbreitung von Krankheitserregern in ihren Häusern zu verhindern. Henning Adam, Sprecher der Hygiene-Experten: „Der Gesetzgeber hat dem Arbeitgeber hier zugunsten des Patienten weitreichende Handlungsmöglichkeiten zur Impfprävention gegeben.“ So dürfen Krankenhaus-Leitungen seit 2015 personenbezogene Daten wie den „Impfstatus erheben, verarbeiten oder nutzen, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden“. Offenbar, so vermutet Adam, habe sich das in den meisten Kliniken aber noch nicht rumgesprochen.

Die Anwendung von Paragraf 23a bedeutet im Klartext: Wer auf einer Intensivstation oder mit Risikopatienten arbeitet, sollte über einen ausreichenden Impfschutz verfügen. Entscheidet der Mitarbeiter sich gegen die Impfung kann der Arbeitgeber entscheiden, dass sein Beschäftigter insbesondere in der Grippe-Saison auf anderen Stationen arbeiten muss. „Wenn ich tolle Impfkampagnen anbiete, sollte ich hausintern als Krankenhaus doch auch ermitteln, wie viele Mitarbeiter geimpft sind. Nur so kann ich ja Konsequenzen für deren Tätigkeitsfeld ziehen und die Patienten am besten schützen“, sagt Adam.

Er und seine Kollegen raten Krankenhausleitungen im Saarland darum dringend, nach der dramatischen Grippewelle 2017/2018 den Grippe-Impfstatus ihrer Mitarbeiter zu ermitteln. Denn noch zu häufig sei in Krankenhäusern nicht bekannt, welcher Mitarbeiter gegen Grippe geimpft ist. „Dabei sollte nur geimpftes Personal an Patienten aus Risikogruppen arbeiten. Nicht geimpfte Mitarbeiter können für einen Risikopatienten eine zusätzliche Gefahrenquelle sein. Sind sie ansteckend, kann das im Extremfall für den Patienten fatale Folgen haben – bis hin zum Tod“, so Adam. Er appelliert zudem noch einmal eindringlich an saarländische Angestellte in medizinischen Berufen, sich gegen Grippe impfen zu lassen: „Die Impfquote in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im Saarland liegt nach unseren Erfahrungen bislang maximal bei 30 Prozent in den meisten Häusern. Da ist noch sehr viel Luft nach oben. Da können wir nicht zufrieden sein.“

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Influenza-Impfung für medizinisches Personal vor allem aus zwei Gründen: Einmal diene sie dem persönlichen Schutz, zum zweiten reduziere sie die Weiterverbreitung der Viren im Krankenhaus. So könne insbesondere eine Ansteckung von Patientengruppen verhindert werden, die ohnehin ein erhöhtes Risiko für schwere Influenza-Verläufe hätten – von Lungenentzündung bis zur Blutvergiftung.

 Henning Adam, Sprecher des Berufsverbands der Hygieneinspektoren SaarLorLux

Henning Adam, Sprecher des Berufsverbands der Hygieneinspektoren SaarLorLux

Foto: Adam

Dass sich Pflegepersonal aber offenbar zu wenig gegen das Grippe-Risiko schützt, hat auch eine aktuelle Umfrage des Robert-Koch-Institutes zu Tage gebracht: Demnach lassen sich nur rund 40 Prozent aller Mitarbeiter gegen Influenza immunisieren. Insgesamt werde die Impfung bei Krankenhauspersonal damit nicht ausreichend angenommen, hieß es in einem „Epidemiologischen Bulletin“ des Institutes. An der Online-Umfrage mit Datenschutz beteiligten sich in der vergangenen Grippesaison 5822 Mitarbeiter aus 54 Kliniken. Bislang lagen keine bundesweiten Daten zu Impfquoten und Impfmotivation in Krankenhäusern vor, heißt es im „Bulletin“. Es habe aufgrund von Studien einzelner Kliniken aber bereits Hinweise darauf gegeben, dass die Impfquoten weit hinter den Erwartungen zurückblieben.

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