Kraniche ziehen über das Saarland Himmels-Trompeter auf der Schlussetappe

Saarbrücken · Noch bis Ende November ziehen Kraniche über das Saarland zu ihren Winterquartieren in Südwesteuropa.

 Das freut kaum einen Landwirt: Auf ihrem Weg in den Süden legen die Kraniche auch eine Rast auf Feldern ein. Dort gibt es ausreichend zum Fressen.

Das freut kaum einen Landwirt: Auf ihrem Weg in den Süden legen die Kraniche auch eine Rast auf Feldern ein. Dort gibt es ausreichend zum Fressen.

Foto: dpa/Nestor Bachmann

Mag sein, dass man sie übersieht, wenn man mit dem Auto oder auch zu Fuß unterwegs ist und nicht ständig Richtung Himmel blickt. Überhören kann man sie jedoch nicht: Tausende Kraniche sind aktuell mit lauten Trompeten-Rufen auf dem Weg zu ihren Winterquartieren in Südwesteuropa. Mehr als die Hälfte, so Sebastian Kiepsch, Leiter der Nabu-Beringungsstation in Saarlouis, habe das Saarland bereits seit Anfang Oktober überflogen. „Aber ein guter Schwung wird noch kommen!“, ist er überzeugt. Er schätzt, dass insgesamt rund 100 000 Vögel bis Ende November von ihren Sammelplätzen in Norddeutschland aus die Strecke über das Saarland wählen.

Üblicherweise verlassen die Kraniche, die in auffälligen V-Formationen mit zwischen 60 und 200 Exemplaren fliegen und mit bis zu 68 Kilometer pro Stunde unterwegs sind, morgens ihre Rastplätze in Norddeutschland, Niedersachsen und Brandenburg. Ihre Tagesetappe reicht bis zum Lac du Der in Lothringen. „Je nach Wind und Wetterverhältnissen klappt das nicht immer“, berichtet der 33-Jährige. Es habe auch schon Tage gegeben, dass einige Trupps am Bostalsee eine Zwischenrast eingelegt hätten.

Vor allem, weil der Nordosten die ganze Zeit sehr stark unter dem Einfluss eines Hochdruckgebietes stand, haben sich die Kraniche nach Ansicht von Experten in diesem Jahr etwas später im Jahresverlauf auf den Weg gemachte. Zudem habe es laut Martin Hormann von der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Frankfurt bislang keine deutlichen Massenzugtage gegeben. Nur einmal, am Samstag vor drei Wochen, seien zwischen 5- und 10 000 Vögel unterwegs gewesen. Üblicherweise nutzen die Vogelschützer zu solchen Anlässen ein spezielles Informationssystem, um bei schlechtem Wetter mit Gegenwind und Regen die Windkraftanlagen kurzfristig abschalten lassen zu können und Unfälle der Kraniche zu vermeiden.

Dank der Naturschutzmaßnahmen habe das Kranich-Vorkommen in Deutschland in den letzten Jahren wieder zugenommen. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Kranich den höchsten Schutzstatus in Europa besitze, verweist Hormann darauf, wie wichtig die Einhaltung der Europäischen Vogelschutzrichtlinien sei: „Ich wünsche mir, dass wir den Verpflichtungen in vollem Umfang nachkommen und dass die Maßnahmenpläne für Brutflächen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch in die Fläche umgesetzt werden.“ Auch Nabu-Vertreter Sebastian Kiepsch appelliert, dass auch künftig noch geeignete Rastflächen vorhanden seien, also Ackerbrachen und Feuchtgebiete in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.

Laut Hormann existieren zwischen 6000 und 7000 Brutpaare in Deutschland, nicht nur in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sondern auch in Bayern. Um auch in heimischen Gefilden Kraniche brüten sehen zu können, sei es erforderlich, stärker überflutete Auenwälder und feuchte Bruchwälder weiter zu entwickeln.

Zum Schutz der Tiere sei es zudem wichtig, die Rastgebiete zu sichern und die Vögel nicht zu stören, die sich am liebsten auf großen, offenen Kulturlandschaftsbereichen mit weiter Sicht niederließen. Spaziergänger sollten daher den Tieren nicht zu nahe kommen und ihre Hunde an die Leine nehmen. Zudem appelliert Hormann an die Landwirte, die Kraniche „nicht als Schädlinge zu betrachten, sondern sie als willkommen anzusehen und Verständnis für diesen tollen Vogel zu haben.“

Nicht umsonst gelte der Kranich, der weltweit bedroht sei, in Japan als Symbol des Glücks und der Langlebigkeit. Faszinierend seien die Tiere nicht nur durch ihre stattliche Erscheinung mit einer Standhöhe von bis zu 1,30 Metern, sondern auch durch ihren besonderen Balztanz und ihre Flüge in Form einer Eins oder eines V. „Es ist einfach ein tolles Spektakel, wenn man die Formation der Kraniche am Himmel fliegen sieht“, schwärmt der Experte. Nicht nur die lauten, trompetenartigen Rufe der Altvögel, sondern auch das hohe Fiepen der Jungvögel könne dabei gehört werden. Für all diejenigen, die die Kraniche in diesem Herbst verpasst haben, gibt es einen Trost: Spätestens Ende Februar/Anfang März kommen sie wieder zurück.

Aktuelle Infos zu den Kranichzügen unter www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/artenschutz/kranich/

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