LSVS-Affäre Rätselraten um Schecks vor der Landtagswahl

Saarbrücken · Der Untersuchungsausschuss zur LSVS-Affäre nimmt den Verstärkungsfonds unter die Lupe. Ging es um „politische Landschaftspflege“?

 Ex-LSVS-Präsident Klaus Meiser (Mitte) – hier bei einer Vorstandssitzung des Sportverbandes vor einem Jahr – wurde am Dienstag im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Vergabe von Schecks an Vereine im Umfeld der Landtagswahl angehört.

Ex-LSVS-Präsident Klaus Meiser (Mitte) – hier bei einer Vorstandssitzung des Sportverbandes vor einem Jahr – wurde am Dienstag im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Vergabe von Schecks an Vereine im Umfeld der Landtagswahl angehört.

Foto: Thomas Wieck

Klaus Meiser ist auf alles vorbereitet. Der frühere Landtagspräsident und Sportfunktionär weiß genau, was er im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Finanzaffäre um den Landessportverband (LSVS) sagen wird. Er hat es aufgeschrieben, von Hand, auf mehreren Seiten karierten Din-A-4-Papiers. An diese Notizen hält sich der ehemalige LSVS-Präsident an diesem Dienstag, an dem es im Parlament um den sogenannten Verstärkungsfonds von Saartoto gehen soll.

Die staatliche Lotteriegesellschaft, die mehrheitlich dem Land und zu drei Siebteln dem LSVS gehört, füllt den Fördertopf seit 2016 jährlich mit 250 000 Euro „für Anliegen und Projekte“ des Sports. So allgemein steht es in einem Grundsatzbeschluss des Saartoto-Aufsichtsrates, dem auch Meiser angehörte. Alles Weitere entschied das Kontrollgremium im Einzelfall, dokumentiert in Protokollen.

Trotzdem erscheint der Verstärkungsfonds noch immer rätselhaft. Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich seit dem vergangenen Frühjahr mit Geldflüssen aus dem Topf. Sie ermittelt gegen Meiser, weil ein Teil der Fördergelder an Sportvereine übergeben wurde – in handlichen Schecks. Deshalb war unklar, ob Meiser sich im Untersuchungsausschuss äußern, ob er die Fragen der Parlamentarier beantworten würde. Er tut es. Und zwar so, als ob er im Vorfeld alles schon einmal durchgespielt hätte. Als Jochen Flackus von den Linken eine Frage formuliert, zieht Meiser einen Zettel hervor. Er neigt sich zu seinem Anwalt Guido Britz und sagt: „Ich habe alles dabei.“ Auch die heikelsten Passagen aus den Ermittlungsakten, aus denen die Abgeordneten zitieren, kommentiert Meiser gelassen.

92 Schecks sollen 2016 und 2017 vergeben worden sein, davon 56 in einem Gesamtwert von 55 000 Euro im letzten halben Jahr vor der Landtagswahl im März 2017. Überbringer der Schecks waren überwiegend Landespolitiker der CDU, aber auch Bürgermeister wie Michael Adam (CDU) aus Sulzbach.

Paul Hans, der Ex-LSVS-Geschäftsführer, den Meiser in der Finanzaffäre früh als Verantwortlichen benannte, soll vor dem Staatsanwalt eine Verbindung zur Politik hergestellt haben. Es solle nicht der Eindruck entstehen, dass die Schecks wegen der Wahl ausgestellt werden – das soll Meiser zu Hans gesagt haben. Flackus trägt das aus der Akte vor. „Das ist richtig zitiert“, erklärt Meiser. „Aber er hat das falsch betont.“ Meiser meint damit, dass er von vornherein den Anschein politischer Landschaftspflege vermeiden wollte. Der CDU-Politiker nimmt für sich in Anspruch, als Sportfunktionär überparteilich agiert zu haben. Er sagt: „Jeder weiß, dass ich das Amt des LSVS-Präsidenten immer neutral ausgeführt, dass ich nie politisch gewirkt habe.“

Aber wieso gab es die Schecks überhaupt? Meiser referiert im Ausschuss über eine „ganzheitliche Strategie zur Förderung des Ehrenamtes“ im Breitensport. Nach seinen Angaben sollte jährlich „50 plus X Vereinen“ finanziell unter die Arme gegriffen werden. Als 2016 der Verstärkungsfonds kam, floss das meiste Geld in den Spitzensport. Doch: Meiser zufolge sei ein „Restbetrag“ geblieben, eine Summe von 30 000 Euro. Dass sie in Scheckform weitergegeben wurden, begründet Meiser alltagspraktisch: „Wenn Sie zu einer Veranstaltung gehen und das förmlich abwickeln, ist das unangenehm.“ Man habe in einer Liste festgehalten, wer einen Scheck bekam, er selbst habe die Liste geführt, sagt der 64-Jährige. Wobei Meiser im Verhältnis zu Saartoto, dem Geldgeber, auf eine Feststellung besonderen Wert legt: „Die Rolle des LSVS beschränkt sich auf die eines Vorschlagenden und die eines Boten.“

Kürzlich hat der Saartoto-Aufsichtsrat gegenüber dem LSVS bezüglich der Schecks des Jahres 2016 eine Rückforderung in Höhe von 25 000 Euro erhoben – weil ordnungsgemäße Verwendungsnachweise fehlten. Hintergrund ist die Tatsache, dass in den Protokollen des Gremiums das Ehrenamt erstmals im Juni 2017 als Förderzweck des Verstärkungsfonds auftaucht. Meiser bezeichnet das als „Versäumnis von uns allen“ – denn auch er gehörte dem Aufsichtsrat an.

„Für mich ist völlig eindeutig, dass man den Deckmantel der Förderung des Ehrenamtes für die politische Landschaftspflege missbraucht hat“, sagt Linkenpolitiker Flackus nach Meisers Auftritt. Es sei eindeutig, dass die Schecks in einem sehr engen Zeitraum um die Landtagswahl verteilt worden seien – ohne entsprechenden Beschluss des Aufsichtsrats, erklärt Petra Berg (SPD). Dagegen findet Frank Wagner (CDU), der frühere LSVS-Präsident habe genau dargestellt, wie wichtig ihm das Ehrenamt gewesen sei.

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