"Kirchen sind für viele Menschen ein Rückzugsort"

Saarbrücken. "Kirchen sind mehr als nur Gebäude. Sie machen die Städte, in denen sie stehen, unverwechselbar. Sie sind ein Rückzugsort, ein Ort der Stille für viele Menschen. Sie sind wichtig für die Identifikation mit der jeweiligen Religion, aber auch mit der Stadt

Saarbrücken. "Kirchen sind mehr als nur Gebäude. Sie machen die Städte, in denen sie stehen, unverwechselbar. Sie sind ein Rückzugsort, ein Ort der Stille für viele Menschen. Sie sind wichtig für die Identifikation mit der jeweiligen Religion, aber auch mit der Stadt." Mit diesen Worten beschrieb Theologie-Professor Eberhard Hauschild von der Universität Bonn am Sonntagabend beim Podiumsgespräch in der Saarbrücker Johanneskirche die "Rolle der Kirche in der Stadt". "Kirche ist einfach 'ne geile Location", ergänzte Hauschild schmunzelnd. Bei der Diskussion mit Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, Ralph Melcher, Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Superintendent Christian Weyer und Dechant Michael Becker wurde deutlich, dass Kirche und Kommune ähnliche gelagerte Probleme haben. Weniger Mitglieder beziehungsweise Einwohner, zurückgehende Einnahmen, zu viele Gebäude, die nicht mehr gebraucht werden. Und so war es nicht verwunderlich, dass die Worte Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit im Verlauf der knapp eineinhalbstündigen Diskussion, die von Christian Otterbach vom Saarländischen Rundfunk moderiert wurde, am meisten strapaziert wurden. So müsse es unbedingt mehr Zusammenarbeit im Bereich der Kindergärten geben. Wobei die beiden Kirchenvertreter versicherten, sie wollten sich aus diesem Bereich nicht zurückziehen. "Wir wollen und müssen auch in Zukunft an unserem sozialen Engagement festhalten", machte Michael Becker deutlich. Er sagte: "Eine Kirche die nicht dient, dient zu nichts." Nach Worten von Becker ist die Kirche auch lange nicht so konservativ, "wie viele glauben". Die Kirche werde aber immer den Menschen ein Gefühl von Heimat geben, "vor allem denen, die im Schatten der Kirche leben". "Die Arbeit der Kirche muss insgesamt fantasievoller werden", erklärte Christian Weyer. Es gebe heute schon kirchliche Netzwerke. "Hier können die Menschen sehen, was in der Kirche so alles läuft." Charlotte Britz gestand der Kirche zu, mit ihren Strukturreformen besser voranzukommen als die Politik. Sprich: Die Kirchen passten sich beispielsweise schneller dem demographischen Wandel an. Saarbrücken habe interessante und sehr schöne Kirchen, erklärte Ralph Melcher. Interessant wäre es, wenn jetzt noch eine Kirche gebaut würde, sozusagen als "zeitgenössische Kunst". Eine Umnutzung von Kirchengebäuden, beispielsweise als Museum oder Versammlungsstätte, hält Melcher für durchaus sinnvoll. Das Fazit von Professor Eberhard Hauschild: "Die Beziehungen zwischen Kirche und Stadt stehen vor einem großen Wandel." Kirche müsse sich künftig wie ein Wirtschaftsunternehmen verhalten, sprich kundenspezifische Angebote machen. Dennoch aber offen sein für alle Menschen. "Kirche und Stadt müssen in einem ständigen Dialog bleiben", so die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz in ihrem Schlusswort. "Kirche ist einfach 'ne geile Location."Eberhard Hauschild

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