Kicken für mehr Wertschätzung

Saarbrücken. Seit er sieben Jahre alt ist, spielt Thomas Decker Fußball. Schon damals, im Elversberger Fußballverein, stand er im Tor. "Weil die anderen nicht wollten", erinnert sich der heute 37-Jährige schmunzelnd. Er träumte davon, in der National-Elf zu kicken. Doch sein Leben verlief anders: Mit 26 Jahren wurde der gelernte Bürokaufmann arbeitslos

Saarbrücken. Seit er sieben Jahre alt ist, spielt Thomas Decker Fußball. Schon damals, im Elversberger Fußballverein, stand er im Tor. "Weil die anderen nicht wollten", erinnert sich der heute 37-Jährige schmunzelnd. Er träumte davon, in der National-Elf zu kicken. Doch sein Leben verlief anders: Mit 26 Jahren wurde der gelernte Bürokaufmann arbeitslos. Aus Scham erzählte er seiner Familie nichts. Was dann geschah, umschreibt Decker knapp: "Falsche Freunde, Alkohol, Glücksspiel und leichtsinniger Umgang mit Geld brachten mich damals schnell auf den Weg nach unten." Seitdem lebt er in diversen Einrichtungen, vor allem aber im Saarbrücker Bruder-Konrad-Haus, einer Einrichtung der Caritas. Er arbeitete im Call-Center und als Küchenhelfer - doch wenn er versuchte, selbstständig zu leben, schaffte er es nicht.Seit vier Jahren steht er für das Saarbrücker Team bei Deutschen Meisterschaften im Tor, den besten Spielern winkt die Einladung zur WM der Wohnungslosen. In diesem Jahr erreichten die Saarländer den elften Platz von 24. Die Nominierung durch Bundestrainer Stefan Huhn war für Decker eine "Überraschung". Am Freitag fährt er zum Trainingslager nach Gifhorn. Anfang Oktober geht es nach Mexiko. Insgesamt 62 Teams treten dort vom 6. bis 14. Oktober an. "Die bisher beste deutsche Leistung war Platz 21. Das zu toppen, wäre gut", nennt Decker das sportliche Ziel. Doch bei der WM geht es um mehr: soziale Teilhabe, Teambewusstsein, persönliche Erfolge, aber auch Respekt und Wertschätzung durch die Zuschauer. Die Erfahrung soll das Leben der Spieler über das Turnier hinaus verändern. Decker wird nach dem Turnier in eine Gastfamilie ziehen. Sein Ziel: Eigenständigkeit. Fußball spielen will er, solange er kann. Seinen Traum von der National-Elf hat sich auf besondere Art erfüllt. ukl

Hintergrund

Den "Homeless World Cup", wie die WM der Wohnungslosen offiziell heißt, gibt es seit dem Jahr 2003. Gespielt wird zwei Mal sieben Minuten, das Feld ist 22 mal 16 Meter groß. Die Mannschaft besteht aus drei Spielern plus Torwart sowie drei Auswechselspielern. ukl

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