Konsequenzen nach Starkregen Jost will Unwetter-Versicherung für alle

Saarbrücken · Verbraucherschutzminister ist verärgert über Versicherer und fordert bundesweite Pflicht-Elementarversicherung.

 Ein Unwetter fegte in der Nacht zum 1. Juni über Kleinblittersdorf und richtete verheerende Schäden an. In einigen Fällen weigern sich jedoch Versicherungen, für die Reparaturkosten aufzukommen.

Ein Unwetter fegte in der Nacht zum 1. Juni über Kleinblittersdorf und richtete verheerende Schäden an. In einigen Fällen weigern sich jedoch Versicherungen, für die Reparaturkosten aufzukommen.

Foto: BeckerBredel

Wenn es darum geht, für die beim verheerenden Unwetter Anfang Juni entstandenen Schäden nicht zahlen zu müssen, wird mancher Versicherer kreativ: „Da heißt es etwa, das Oberflächenwasser sei nicht vom Garten, sondern von der Dachterrasse ins Haus eingedrungen“, nannte der saarländische Umwelt- und Verbraucherschutzminister Reinhold Jost (SPD) gestern ein Beispiel, über das auch die SZ kürzlich berichtet hatte. Oder es werde argumentiert, dass mit der Schadensbehebung zu früh begonnen worden sei. Die Betroffenen hätten teils über Jahre Beiträge gezahlt, im guten Glauben, für den Ernstfall vorgesorgt zu haben, würden nun aber alleingelassen, ärgerte sich Jost. Andere, die gerne eine Versicherung abschließen möchten, würden gar nicht erst aufgenommen oder nur zu sehr hohen Beiträgen, weil die Wohnlage zu riskant sei.

„Das geht so nicht!“, polterte Jost beim gestrigen Sommergespräch vor Journalisten. „Es kann nicht sein, dass wir seit Jahren gemeinsam – meine Person, mein Haus mit dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft – dazu aufrufen, dass die Menschen Elementarschaden-Versicherungen abschließen, um dann, wenn der Fall der Fälle eingetreten ist, vermehrt festzustellen, dass die Leute im Regen stehen bleiben, weil man ihnen die Auszahlung der entsprechenden Versicherungssumme verweigert.“

Gemeinsam mit Finanzminister Peter Strobel (CDU) will Jost in einem Schreiben den Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft auf die Missstände der ausbleibenden Kostenübernahme hinweisen. „Ich erwarte, dass man mit der gleichen Kraft, Energie, Beharrlichkeit und Fantasie, wie man Versicherungsprodukte entwirft und bewirbt, auch in der Schadensbegleichung zugunsten der Versicherten auftritt“, sagte Jost. Im September finde das nächste Treffen mit dem Gesamtverband statt: „Da erwarte ich ein klares Signal der Versicherer.“

Angesichts des Klimawandels erwartet der Minister eine Zunahme derartiger Starkregen-Ereignisse und damit verbundenen Überschwemmungen. Er kündigte an, sich für eine bundesweite Pflichtversicherung für Elementarschäden einsetzen zu wollen, analog zur Kfz-Haftpflichtversicherung. „Je mehr in einer solchen Versicherungsgemeinschaft drin sind, umso geringer ist das Risiko sowohl für die Einzelnen als auch für die Versicherer. Es gibt dann auch keine Möglichkeit, jemanden durch die Hintertür hinauszukomplimentieren, weil man sagt: Der wird uns zu teuer“, erläuterte er. Sollte es nicht möglich sein, eine Pflichtversicherung auf den Weg zu bringen, müsse zumindest mit den Versicherern eine Basisversicherung vereinbart werden für alle Bürger, die bislang aufgrund ihrer Wohnlage in einem Risikogebiet keine Versicherung abschließen konnten.

Diesbezüglich habe er im Namen der Länder Bundesverbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) angeschrieben und gebeten, die Möglichkeiten der Einführung einer solchen Elementarschaden-Versicherung zu prüfen. Staatssekretär Gerd Billen habe ihm eine zügige Antwort versprochen. Eine mögliche Bundesratsinitiative sei erst dann sinnvoll, wenn bekannt sei, wie der Bund zur Problematik stehe. Welche Kosten bei einer Pflichtversicherung entstünden, ist allerdings noch völlig offen.

Er sei optimistisch, dass die Menschen eine solche Pflichtversicherung akzeptieren werden. „Es mag nicht populär sein, aber am Ende des Weges ist es etwas, das allen hilft“, sagte Jost. Es sei keine Lösung, darauf zu vertrauen, dass am Ende immer der Staat und somit alle Steuerzahler für die Schäden einspringen. „Ich weiß nicht, ob das mehr Popularität in sich trägt. Es hat für mich auch einen Bruch. Denn irgendwann muss man auch mal sagen: Es ist jetzt mal gut“, sagte er.

Trotz der problematischen Fälle, in denen die Versicherer sich weigerten zu zahlen, werbe er weiter für die Elementarschaden-Versicherung. Die Quote liege im Saarland mit 23 bis 25 Prozent immer noch deutlich unter dem Bundesschnitt von 44 Prozent. Allerdings habe die Quote vor drei Jahren im Saarland noch bei 12 Prozent gelegen.

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