Frauen in außergewöhnlichen Berufen Saarbrückerin fahndet in den dunklen Ecken des Netzes

Saarbrücken · Jasmine Köhn ist Cybercrime-Kommissarin in Saarbrücken. Sie spürt unter anderem jene auf, die im weltweiten Netz Unternehmen ausspionieren.

 Jasmine Köhn arbeitet in der Abteilung Cybercrime bei der Saarbrücker Polizei. Wenn sie keine Internetkriminellen jagd, kocht die 31-jährige Kommissarin, macht Kampfsport oder singt in einer Band.

Jasmine Köhn arbeitet in der Abteilung Cybercrime bei der Saarbrücker Polizei. Wenn sie keine Internetkriminellen jagd, kocht die 31-jährige Kommissarin, macht Kampfsport oder singt in einer Band.

Foto: Iris Maria Maurer

Wenn Jasmine Köhn privat im Internet unterwegs ist, nutzt sie jede Menge Apps. Die gängigen wie Facebook, Instagram, Snapchat oder Whatsapp, aber auch speziellere Anwendungen. Die Auswahl ist ja riesengroß. „Das mache ich allein schon deshalb, um auf dem Laufenden zu sein“, sagt die 31-jährige Polizeikommissarin. Seit Anfang des Jahres ist sie eine von elf Kollegen im Dezernat „Cybercrime“, das in der Saarbrücker Hellwigstraße seinen Sitz hat.

Dort arbeiten jeweils ein Polizist oder eine Polizistin und ein Informatiker zusammen an den Fällen. Überwiegend geht es um Betrug, Erpressung, Datenklau oder Computersabotage. Für Kinderpornografie, die häufig übers Internet verbreitet wird, ist eine eigene Abteilung zuständig.

„Als Beamte sind wir für die Ermittlungen zuständig, die Informatiker unterstützen uns in technischen Fragen“, erklärt sie die Arbeitsweise. Zurzeit ist Jasmine Köhn die einzige Frau in der Abteilung, eine weitere Kollegin ist in Elternzeit, eine andere zurzeit anderweitig eingesetzt.

Wenn Jasmine Köhn sich beruflich ins Internet aufmacht, ist das meist kein Spaziergang. Dann bewegt sie sich häufig im Darknet, nutzt Open-Source-Recherche-Seiten, verfolgt die digitalen Spuren potenzieller Cyber-Krimineller, die weltweit immer größeren Schaden anrichten. „Ins Darknet und auf illegale Seiten zu kommen, ist super einfach“, erklärt sie. Dazu bedürfe es nur einer einfachen Google-Recherche. Und weil man dafür kein Computer-Nerd sein muss, nimmt die Kriminalität im Netz mit seinen vermeintlich anonymen dunklen Ecken so rasant zu.

Laut einer Studie des Bundesverbandes Informationswissenschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) vom Oktober 2017 ist bereits jeder zweite Internetnutzer in Deutschland Opfer von Cybercrime geworden. „Die meisten scheuen sich allerdings vor einer Anzeige“, weiß die Kommissarin. Viele Nutzer wissen zudem gar nicht, dass sie gehackt wurden oder ihre Geräte für so genannte „Bot-Netze“ missbraucht werden, indem unbemerkt Schadsoftware aufgespielt wird, mit der der Täter sich Zugriff auf das infizierte Gerät verschafft. Auch mehr als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland sei bereits einmal durch Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl geschädigt worden, ist im Bundeslagebericht „Cybercrime“ von 2017 nachzulesen, den das Bundeskriminalamt herausgibt.

Wie fühlt man sich da mit diesem saarländischen Mini-Team im Kampf gegen zunehmend organisierte Kriminalität im Netz? „Wenn ich zum Beispiel zu einem Fall im Darknet recherchiere und dabei auf weitere potenziell strafbare Inhalte stoße, kann ich das nicht alles weiterverfolgen“, räumt Köhn ein. Das sprenge den Rahmen. Und so konzentrierten sich die Ermittler auf die Straftaten, die angezeigt wurden. Und das sind eben nur die wenigsten.

Gerade hat Köhn ihre erste Durchsuchung geleitet: Es ging um einen mutmaßlichen Täter, der eine illegale Plattform zum Herunterladen von Filmen betrieben hatte. Dafür verlässt sie dann auch mal ihren Computerarbeitsplatz. Auch als im Januar Hacker im großen Stil persönliche Daten von Politikern und Prominenten ins Netz stellten, war Jasmine Köhn mit ihrem Team im Einsatz. Es galt, in Abstimmung mit den Kollegen bundesweit herauszufinden, in wieweit Landespolitiker betroffen waren. „Wir sprechen uns mit den Abteilungen anderer Bundesländer intensiv ab“, erklärt die Kommissarin.

Um überhaupt mit den Cyber-Kriminellen mithalten zu können, werden die Kommissare regelmäßig geschult. Jasmine Köhn weiß: Seit fast alle Taten mittlerweile mehr oder weniger mit dem Internet zu tun haben, wird ihr Arbeitsfeld immer größer und wichtiger: „Alle Daten sind manipulierbar. Kein elektronisches Gerät ist sicher.“

Jasmine Köhn kann aber trotzdem oder gerade deshalb ganz gut abschalten. Wenn sie es tut, steht sie gerne am Herd und kocht aufwändige Gerichte. 2016 wurde sie bei einem Wettbewerb von Saarbrücker Zeitung und Edeka Südwest „Beste Hobbyköchin des Jahres“. Zur Entspannung greift sie statt zum Kochlöffel aber gerne auch zum Mikro: Mit der von Gitarrist Ro Gebhardt gegründeten Neunkircher Band „Kunkels 7“ steht die vielseitige Saarbrückerin als Sängerin auf der Bühne. Dann wird es poppig-jazzig.

Gefährlich könnte es werden, wenn man sich körperlich mit ihr anlegt: Die drahtige junge Frau ist Kampfsport-Trainerin, betreibt seit vielen Jahren American Kenpo-Karate und arbeitet nebenbei auch noch in einem Saarbrücker Fitness-Studio als Trainerin.

Als Polizistin im Einsatz auf der Straße habe ihr das schon geholfen. Denn gerade dort treffe man bei den männlichen Kollegen immer wieder auf Vorurteile. „Als Polizistin hört man schon mal, Frauen würden sich vor brenzligen Situationen bei Einsätzen drücken“, sagt Jasmine Köhn. Und ja, zu Anfang habe sie in ihrem Beruf als Frau unter vorwiegend männlichen Kollegen kämpfen müssen. „Wie viele Frauen war ich zu Anfang eher zurückhaltend. Jetzt bin ich es nicht mehr“, sagt sie. Und man glaubt es ihr sofort.

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