Interview mit Saar-FDP-Chef Oliver Luksic „Das Saarland erstickt im schwarz-roten Filz“

Saarbrücken · FDP-Landeschef Oliver Luksic attackiert die CDU/SPD-Landesregierung scharf, setzt aber Hoffnungen in den neuen Ministerpräsidenten.

 Der Landesvorsitzende der Saar-Liberalen, Oliver Luksic, geht vor allem mit den CDU-Ministern Monika Bachmann und Klaus Bouillon hart ins Gericht. Er erwartet in absehbarer Zeit eine Regierungsumbildung.

Der Landesvorsitzende der Saar-Liberalen, Oliver Luksic, geht vor allem mit den CDU-Ministern Monika Bachmann und Klaus Bouillon hart ins Gericht. Er erwartet in absehbarer Zeit eine Regierungsumbildung.

Foto: BeckerBredel

Das Café am Saarbrücker Schloss sollte es sein, wünschte sich FDP-Landeschef Oliver Luksic fürs SZ-Sommergespräch. Einfach, weil der Bundestagsabgeordnete beim schönen Wetter draußen reden wollte. Aber auch, weil das Schloss als Sitz des Regionalverbandes ein Symbol ist für die von den Liberalen seit Jahren geforderte Kommunalreform.

Wir sind in den Schulferien. Davor gab’s Zeugnisse. Jetzt dürfen Sie auch noch Noten verteilen. Was bekommt der neue Ministerpräsident Tobias Hans?

LUKSIC Eine Zwei.

So gut?

LUKSIC Bei mir bekommen alle Neuen erst mal eine gute Note, weil ich offen und mit Optimismus rangehe.

Und wessen Versetzung wäre bei Lehrer Luksic gefährdet?

LUKSIC Eindeutig die von Herrn Bouillon und Frau Bachmann. Letztere verursacht den Pflegenotstand mit – wegen dauerhaft zu niedrigen Investitionen. Und mehr Betten ohne Strukturreform werden den Pflegenotstand nur verschärfen, so kommt es zu keiner Besserung. Und Klaus Bouillon alleine schon wegen des LSVS-Skandals, weil er als Rechtsaufsicht versagt hat, aber auch selber keine gute Rolle gespielt hat... Und bei der Polizei verantwortet er, dass sie in der Fläche weiter ausgedünnt wird.

Sie meinen, der Ministerpräsident wäre gut beraten, wenn er sich dieser beiden Minister über kurz oder lang entledigte?

LUKSIC Ich erwarte hier in absehbarer Zeit eine Regierungsumbildung. Ich finde es grundsätzlich gut, dass eine neue Generation am Werk ist, wir brauchen neues Denken und neues Arbeiten im Land, und da bieten Veränderungen an diesen beiden Positionen Möglichkeiten. Wir haben beim LSVS gesehen, dass das Saarland im schwarz-roten Filz erstickt. Da erwarte ich, dass der neue Ministerpräsident durchgreift und andere Strukturen schafft.

Sind Sie dafür, dass sich Politiker solcher Zusatzämter wie in Aufsichtsräten oder in großen Verbänden wie dem LSVS grundsätzlich enthalten? Man kann darin ja auch eine wichtige Verzahnung von Politik und Gesellschaft sehen.

LUKSIC Als Liberaler bin ich grundsätzlich skeptisch, was zu großen Einfluss von Politik angeht. Und im Saarland haben wir eine Häufung von Ämtern und eine Verfilzung mit semi-staatlichen Institutionen. Es gibt einfach einen Mangel an politischer Hygiene und einen Mangel an Kontrolle. Deshalb wünsche ich mir mehr Fachleute und weniger Politiker in bestimmten Ämtern. Es muss natürlich eine Kontrolle durch den Landtag geben. Aber warum immer jeweils ein Schwarzer und ein Roter alle zentralen Positionen besetzen müssen, will mir nicht einleuchten.

Also bei Saartoto gar keine Politiker mehr an der Spitze? CDU-Finanzminister Peter Strobel hat kürzlich noch behauptet, diese Altpolitiker seien die beste Wahl.

LUKSIC Man muss die Stellen ausschreiben, es geht um eine Besten-Auslese. Das Ganze wird ja am Ende immer auch von der Politik kontrolliert. De facto waren das Versorgungsposten. Aber das kann sich das Saarland nicht leisten. Man kann ja nicht an anderer Stelle Verzicht predigen, wenn man dann solche Posten rein politisch vergibt.

Der LSVS-Skandal kam ja nicht urplötzlich, sondern die Probleme haben sich über Jahre aufgeschaukelt – unter verschiedenen Präsidenten und unter der Aufsicht oder besser Wegsicht diverser Minister, darunter auch Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch im Parlament rührte sich nichts. Warum hat die politische Kontrolle derart versagt?

LUKSIC Das hat sicher auch mit der saarländischen Mentalität zu tun. Man kennt sich, da schaut man eher mal weg. Die Kleinheit hier hat Vorteile, man kommt schneller zu Entscheidungen, hat aber den großen Nachteil, wenn es um Kontrolle geht. Und weil wir zudem eine schwache Opposition im Landtag haben und eine Durchsetzung der Institutionen mit Vertretern der beiden großen Parteien, fehlt es an politischer Kultur.

Klaus Meiser ist von einigen seiner Ämter zurückgetreten. Überrascht es Sie, dass er an seinem Landtagsmandat festhält?

LUKSIC Es bringt nichts, nachzutreten. Ich denke, auch in der CDU wird das durchaus kritisch gesehen, aber man kann das nicht nur mit der Person Meiser verbinden. Beispielsweise geht es auch um die Verantwortung des jetzigen Innenministers, um Klaus Bouillon.

Es herrscht große Verunsicherung mit Blick auf das problematische Erbe des Bergbaus, über die Folgen der Grubenflutungen, die Vergiftung des Wassers mit PCB, die Belastung mit dem krebserregenden Radon-Gas. Hat es die Landesregierung der RAG zu leicht gemacht?

LUKSIC Das ist auch ein Beispiel für die Verkrustungen hier im Land. Es war von Anfang an alles andere als ein transparenter Vorgang. Und ob das Bergamt da immer die unabhängige Behörde ist, die allem mit der nötigen Sorgfaltspflicht nachkommt, da würde ich ein Fragezeichen dahinter machen.

Was muss die Landesregierung jetzt tun?

LUKSIC Es fing ja schon damit an, dass man über die Bedenken von Kommunen hinweg ging. Was geplant ist, wird nicht transparent gemacht, und es werden keine Alternativen durchdacht. Auch auf die Reinigung des Grubenwassers von PCB, wie es in NRW versucht wird, kam man erst nach öffentlichem Druck. Es muss vermieden werden, dass am Ende der Steuerzahler für die Lasten des Bergbaus haftet.

Was halten Sie von der Forderung nach Radon-Messungen in Altbergbau-Regionen des Landes?

LUKSIC Radon ist ein gutes Beispiel dafür, dass man ein Monitoring seitens des Landes braucht, das wirklich unabhängig ist. Es darf nicht so sein wie in der Vergangenheit, dass sich die RAG quasi selbst reguliert.

Die Saar-FDP hausiert schon lange mit einer Kommunalreform, auch CDU und SPD beackern das Thema nun verstärkt.

LUKSIC Aber da passiert ja nichts. Da steht man in der CDU und noch mehr in der SPD auf der Bremse, weil es um Pöstchen geht. Die einen fürchten um ihren Landrat, die anderen um Bürgermeisterpöstchen. Es gibt zwar Ankündigungen des Ministerpräsidenten, in der Praxis herrscht aber Stillstand. Dabei ist das eine der wichtigsten Reformen für das Saarland. Wir stehen vor einer Kommunalwahl, wenn man jetzt nichts ändert, werden alte Strukturen wieder zementiert.

Mit etwas Abstand: War es für die FDP gut, die Koalitionsverhandlungen in Berlin zu verlassen? Wie haben die Saar-Liberalen darauf reagiert?

LUKSIC Das Chaos innerhalb von CDU/CSU hat uns ja voll bestätigt. Und hätten wir eine Jamaika-Koalition mit Christian Lindner und Claudia Roth, wären die Fliehkräfte wohl noch größer. Die FDP hat Haltung bewiesen, unsere Anhängerschaft fand das richtig, und die wenigen Skeptiker sind jetzt auch überzeugt.

Das Gespräch führte Oliver Schwambach.

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