In Krisensituation einen kühlen Kopf bewahren "Kampf ist das letzte anzuwendende Mittel"

Merzig. "Krav Maga ist kein Kampfsport, sondern ein modernes und äußerst effizientes Selbstverteidigungssystem", betont der Saarbrücker Akademie-Chef Werner Gück. Am Freitag, 6. Januar, um 19.30 Uhr öffnet Krav Maga Self Defense in Merzig, zum Wiesenhof 56 (gegenüber Hela-Baupark) eine Trainingsstätte

 Durch das Krav-Maga-System sollen auch Frauen in der Lage sein, im Falle einer Angriffsattacke alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen und Hemmschwellen zu überwinden. Foto: SZ

Durch das Krav-Maga-System sollen auch Frauen in der Lage sein, im Falle einer Angriffsattacke alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen und Hemmschwellen zu überwinden. Foto: SZ

Merzig. "Krav Maga ist kein Kampfsport, sondern ein modernes und äußerst effizientes Selbstverteidigungssystem", betont der Saarbrücker Akademie-Chef Werner Gück. Am Freitag, 6. Januar, um 19.30 Uhr öffnet Krav Maga Self Defense in Merzig, zum Wiesenhof 56 (gegenüber Hela-Baupark) eine Trainingsstätte. Auf rund 100 Quadratmetern Übungsfläche bietet die Akademie ein breit gefächertes Ausbildungsprogramm im Bereich der Selbstverteidigung. "Krav Maga wurde entwickelt, um Menschen möglichst schnell in die Lage zu versetzen, Aggressionen, welcher Art auch immer, zu bewältigen", sagt André Feller, Leiter der Merziger Niederlassung. Dabei sei diese beim deutschen Publikum noch wenig bekannte Selbstverteidigung seit langer Zeit bei Militär oder Polizei etabliert.Krav Maga baue auf die instinktiven, natürlichen Bewegungen und Reflexe des Menschen auf, wissen die Profis der Saarländischen Krav Maga Self Defense Akademie. "Reflexe müssen nicht langwierig eintrainiert werden und sind deshalb auch unter extremem psychischen Druck sofort abrufbar", unterstreicht Feller. So hätten auch körperlich schwächere Personen eine realistische Chance, einen Übergriff unbeschadet zu überstehen. In den Mittelpunkt der Trainingsarbeit stellt Krav Maga das Wissen um psychologisch adäquates Taktieren in Gefahrensituationen. Dadurch seien auch Frauen in der Lage, im Falle einer Angriffsattacke alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen und Hemmschwellen zu überwinden. "Zur Ausbildung gehören auch Rollenspiele als wesentliche Grundlage für eine effiziente Selbstverteidigung", sagt der Übungsleiter. Ebenso steht ein von Werner Gück speziell für Kinder entwickeltes Programm auf der Angebotsliste der Akademie. "Hier lernen Kinder richtiges Handeln bei einer Bedrohung, selbstbewusstes Auftreten und neben der richtigen Körpersprache und Neinsagen auch Selbstverteidigungstechniken für den Notfall", verspricht der Akademie-Leiter. Ein Zwei-Jahres-Abo kostet für Erwachsene monatlich 50 Euro, für einen Jahresvertrag zahlt ein Teilnehmer 60 Euro je Monat. Ein Kennenlerntraining gibt es für 15 Euro. Das Fazit einer umfassenden Krav-Maga-Schulung beschreiben die Krav-Maga-Profis so: "Durch die Förderung des Selbstvertrauens werden Maßnahmen für ein selbstbewusstes Auftreten getroffen und das Risiko, Opfer einer Gewalttat zu werden, erheblich reduziert."

Herr Feller, Krav Maga ist in Deutschland noch wenig bekannt. Was bedeutet Krav Maga und wo wurde es entwickelt?

André Feller: Krav Maga ist das offizielle Nahkampfsystem der israelischen Polizei- und Militäreinheiten. Die Bezeichnung stammt aus dem Hebräischen und heißt übersetzt "Kontaktkampf". Es ist eine moderne und sehr effiziente Art der Selbstverteidigung, die mittlerweile weltweit anerkannt ist und nicht nur bei Militär und Polizei, sondern auch bei Sicherheitsdiensten und Personenschützern eingesetzt wird.

Was unterscheidet Krav Maga von den üblichen, meist fernöstlichen Kampfsportarten?

Feller: Ein wichtiger Bestandteil der Krav-Maga-Ausbildung ist das Deeskalationstraining. Die Schüler erlernen, mit Stress-Situationen umzugehen. Es ist wichtig, einem potenziellen Gegner seine Aggressionen zu nehmen, weil sich dadurch oftmals die Ausweitung eines Konfliktes vermeiden lässt. Auch der Verteidiger muss lernen, in der Krise den Überblick nicht zu verlieren. Genau das vermitteln wir neben den eigentlichen Selbstverteidigungs-Techniken.

Welche Beispiele gibt es, wie sich eine solche duale Ausbildung in der Praxis ausgewirkt hat?

Feller: Das beste Beispiel ist die Arbeit der GSG-9 der Bundespolizei. Diese Einsätze basieren stets auf Konfliktbewältigung. Kampfhandlungen stehen nicht im Vordergrund, sondern sind das letzte anzuwendende Mittel. Die Mitglieder solcher Einsatzkräfte werden heutzutage durch Krav Maga geschult und ihre erfolgreichen Einsätze bestätigen gerade diese Form der Ausbildung.

Heißt das, dass man bei Ihnen auch lernt, sich gegenüber einem Aggressor zu beherrschen und dass die Anwendung körperlicher Gewalt ganz am Ende stehen darf?

Feller: Genau das ist das Ziel unserer Ausbildung. Wir trainieren etwas differenzierter, als es in vielen Kampfsportarten der Fall ist. Breiten Raum nimmt bei Krav Maga die Schulung des taktischen Verhaltens ein. Wir vermitteln unseren Schülern, wie ein Täter denkt, was in ihm vorgeht, wie er sich mit oder ohne Waffe verhält. Dabei liegt das Augenmerk auf der Entwaffnung des Gegners und dem Schutz der eigenen Person, weniger auf Angriffstechniken.

Sie sagten, Sie befassen sich sehr mit Täter-Profilen und schulen diese. Gibt es einen bestimmten Täter-Typ, der immer wieder durch hohes Aggressionspotential auffällig wird und auf den es sich dann einzustellen gilt?

Feller: Ja, diesen Typ gibt es. Deshalb schulen wir zunächst die Wahrnehmung unserer Teilnehmer, damit sie drohende Gewalt rechtzeitig erkennen. Viele jugendliche Schläger waren als Kinder selbst Opfer und hatten nur gelernt, sich mit ihren Fäusten durchzusetzen. Sie hatten auch instinktiv gelernt, Körpersprache zu lesen. Der normale Alltagsbürger hat diese Instinkte nicht und ist deshalb den Attacken solcher Mitmenschen hilflos ausgeliefert.

Wie würden Sie das Verhalten Ihrer Schüler innerhalb der Gesellschaft qualifizieren?

Feller: Wir wissen, dass Krav Maga-Absolventen mit einem hohen Potenzial an Zivilcourage und Selbstvertrauen ausgestattet sind. Ich glaube nicht, dass unsere Akademie-Teilnehmer bei regelmäßigen Übergriffen wie die in Berliner U-Bahnen wegschauen würden und die Opfer hilflos zurückließen.Foto: Norbert Wagner

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