Immer mehr Menschen haben ein Auto Die Saarländer fahren und fahren und fahren

Saarbrücken · Der Trend zum eigenen Auto ist ungebrochen, besonders im Saarland. Das hat auch Folgen für den Ausstoß von Treibhausgasen. Bus und Bahn sind für viele keine echte Alternative.

 Viele Saarländer nutzen das Auto, um vom Land in die Städte zu gelangen. 

Viele Saarländer nutzen das Auto, um vom Land in die Städte zu gelangen. 

Foto: dpa/Sven Hoppe

Die von der Politik propagierte „Verkehrswende“ ist auch im Saarland nicht ansatzweise erkennbar. Die Zahl der zugelassenen Autos steigt von Jahr zu Jahr.

Warum fahren immer mehr Autos auf Deutschlands Straßen?

Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen. Der ADAC weist darauf hin, dass es immer mehr Singles gibt, die in einer eigenen Wohnung leben und nicht mehr auf das Familienauto zurückgreifen können. Außerdem: Während früher der Mann als Ernährer der Familie der alleinige Führerschein-Inhaber gewesen sei, hätten heutzutage Frauen genauso häufig einen Führerschein und seien auch zu einem hohen Prozentsatz berufstätig. Weiterhin werde von Arbeitnehmern immer häufiger eine gewisse Mobilität verlangt, das sei nur mit einem eigenen Fahrzeug machbar. Viele Menschen müssten heutzutage außerdem weite Strecken zum Arbeitsort zurücklegen oder seien Pendler mit einem zweiten Wohnsitz.

Warum gibt es im Saarland noch deutlich mehr Autos als in anderen Bundesländern?

Die einfache Antwort lautet: Weil das Saarland ein Autoland ist. Jeder zweite Industriearbeitsplatz im Saarland hängt am Automobil. „50 000 Menschen arbeiten hier in der Automobilindustrie, sind also wahrscheinlich auch mehr dem Auto verbunden, an dessen Produktion ihr Arbeitsplatz hängt“, sagt Wilfried Pukallus, Vorstand für Verkehr im ADAC Saarland. Es gibt aber weitere Ursachen. Das Verkehrsministerium zählt dazu auch das besonders dichte Autobahnnetz im Saarland und bundesweit eine der niedrigsten Quoten bei Staulänge und Staudauer. Es fährt sich also einfach gut im Saarland.

Welche Rolle spielt die Qualität des öffentlichen Personennahverkehrs?

Eine große, das lässt sich nicht leugnen. „Wer im ländlich strukturierten Bereich des Saarlandes wohnt, ist faktisch auf ein Fahrzeug angewiesen, weil er nur so seinen Arbeitsplatz in angemessener Zeit erreichen oder auch am öffentlichen Leben (Einkaufen, Kultur, etc.) teilnehmen kann“, sagt ADAC-Vorstand Pukallus. Und wer einmal im Auto sitze, der steige nicht mehr um – es sei denn, es gebe ausreichende und kostenlose Parkplätze oder auch Fahrradabstellplätze und Fahrradboxen an den Haltepunkten und der ÖPNV sei äußerst attraktiv.

Davon kann aber auch nach Überzeugung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) keine Rede sein. Alternative Mobilitätsformen wie Schienenverkehr oder Alltagsradmobilität seien nicht nur nicht gefördert worden, sondern sogar zurückentwickelt worden, sagt der stellvertretende VCD-Landesvorsitzende Werner Ried. Die meisten Bewohner des Saarlandes seien, entgegen dem Trend in Europa, „völlig entwöhnt von anderen Fortbewegungsformen“. Ried: „Viele von uns staunen sehr, sollten sie einmal in Städten der Niederlanden, in Schweden oder gerade auch Kopenhagen die Umwelt- und Lebensqualität erleben.“

Was bedeutet die steigende Zahl der Autos für den Ausstoß von Treibhausgasen?

Die von Autos und Lastkraftwagen verursachten Treibhausgas-Emissionen steigen bundesweit seit Jahren. Der schrumpfende Anteil von Diesel-Pkw und der wachsende Anteil von Benzin-Pkw tragen laut Umweltbundesamt jedoch kaum zum Anstieg der Emissionen bei. Die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, forderte 2018 „generell weniger und viel sparsamere Fahrzeuge, egal mit was diese angetrieben werden“, Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) verlangte eine „grundlegende Verkehrswende“.

Wie soll diese „Verkehrswende“ im Saarland aussehen?

Das Verkehrsministerium arbeitet an einem Mobilitätskonzept für das Saarland, das einerseits dem gestiegenen Mobilitätsbedürfnis gerecht werden soll und andererseits dem Klimaschutz. Der ÖPNV soll attraktiver werden, wozu das Ministerium bereits ein Gutachten mit Vorschlägen für eine Tarifreform vorgestellt hat. Außerdem soll es künftig mehr Fahrradstellplätze an Bahnhöfen geben, mehr Alltagsradverkehr, mehr Bike-Sharing, außerdem automatisiertes und vernetztes Fahren. Auch könnten in Zukunft eine digitale Verkehrssteuerung, das Vernetzen unterschiedlicher Mobilitätsformen, ein flüssigerer Verkehr und bessere Stauvermeidung zu besserem Umwelt-, Klima- und Lärmschutz führen.

Das sieht auch der VCD gar nicht so viel anders: Autos würden auch in Zukunft gefahren, sagt VCD-Vize Ried, aber „allseitiger Autobesitz wie im Saarland“ sei immer weniger opportun. Ein Weiter-so gehe schon aus Klimaschutzgründen nicht. Die Mehrheit der Bevölkerung suche Alternativen zum „Autofahren müssen“ und wünsche sich sicherere, lärm- und abgasarme Siedlungen.

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