Immer mehr Apotheken im Saarland machen dicht

Saarbrücken · Viele Apotheker gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand, Nachwuchs ist kaum in Sicht. Die Zahl der Apotheken wird laut Kammer sinken – und sich damit dem bundesweiten Niveau anpassen.

 Im Saarland gibt es derzeit 321 Apotheken. In den 90er Jahren waren es noch 380. Wenn sich der Trend fortsetzt, könnte sich die Versorgung im Nordsaarland verschlechtern. Foto: obs

Im Saarland gibt es derzeit 321 Apotheken. In den 90er Jahren waren es noch 380. Wenn sich der Trend fortsetzt, könnte sich die Versorgung im Nordsaarland verschlechtern. Foto: obs

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Die Bürger in ländlichen Gebieten des Saarlandes müssen sich in den kommenden Jahren auf Einschränkungen bei der Arzneimittel-Versorgung einstellen. Denn immer mehr Apotheken schließen, weil ihre Inhaber keinen Nachfolger finden, wenn sie in Ruhestand gehen. Gab es in den 90er Jahren im Saarland noch 380 Apotheken, so sind es aktuell noch 321. Die Apothekerkammer des Saarlandes erwartet in den nächsten zehn Jahren einen weiteren Rückgang auf etwa 280. "Wenn sie übers Land verteilt gleichmäßig wegfallen, wird es keine größeren Einschnitte geben. Wenn sie aber vor allem in den Randgebieten wegfallen, wovon wir ausgehen, bekommen wir ein Versorgungsproblem", sagte Kammerpräsident Manfred Saar der SZ. Betroffen seien etwa das Nordsaarland und der Bliesgau.

Bei den Apotheken gibt es also ähnliche Probleme wie bei den Ärzten: Von den derzeit 660 Hausärzten geht in den kommenden zehn Jahren knapp die Hälfte in den Ruhestand. "Wenn der Arzt weg ist, ist die Apotheke auch weg", sagt Apotheker-Präsident Saar. Die Altersstruktur bei den Apothekern sei "nicht anders als bei den Ärzten". Schon heute müssten die Bürger im Nordsaarland an Sonntagen bis zu 25 Kilometer fahren, um eine Apotheke zu erreichen, die Notdienst hat.

Mit einem Rückgang in der prognostizierten Größenordnung würde sich das Saarland dem bundesweiten Durchschnitt anpassen. Denn bislang ist das Saarland mit 3200 Einwohnern je Apotheke Spitzenreiter. In Deutschland kommen laut Kammer auf eine Apotheke statistisch 3900 Bürger, in Frankreich 2800 (zum Vergleich die Extreme: Griechenland 1000, Dänemark: 17 700). In Deutschland gilt ein sogenanntes Fremdbesitzverbot. Das bedeutet, nur approbierte Pharmazeuten dürfen Apotheken besitzen (maximal drei), Ketten sind unzulässig. Im Saarland beschäftigen die Apotheken derzeit 2330 Mitarbeiter. Die Zahl ist trotz Apothekenschließungen in den vergangenen Jahren gestiegen. Saar führt dies auf zusätzliche Beratungsangebote und einen höheren Bürokratie-Aufwand zurück.

Für das "Apothekensterben" macht die Kammer mehrere Gründe verantwortlich. Zum einen sei es finanziell nicht mehr so attraktiv wie früher, eine Apotheke zu führen. So sei das Apothekenhonorar seit 2002 nur um 2,4 Prozent gestiegen, während die gesetzlichen Kassen im gleichen Zeitraum ein Plus von 35,7 Prozent erwirtschaftet hätten. Das Bruttoeinkommen lag im vergangenen Jahr laut Apothekerkammer bei rund 105 000 Euro im Jahr. Real - also unter Berücksichtigung des Inflationsausgleiches - ist der Verdienst der Apotheker seit Jahren rückläufig. Zwar gebe es genügend Pharmazie-Absolventen an der Uni, sagt Manfred Saar. Doch viele von ihnen gingen lieber in die Industrie. "Da verdienen sie 80 000 oder 90 000 Euro, haben aber kein Risiko und müssen keinen Sonntagsdienst machen."

Außerdem mache die Bürokratie den Apothekern immer mehr zu schaffen - eine Klage, die auch Ärztevertreter immer wieder führen. Dadurch komme die Beratung der Kunden viel zu kurz, sagt Saar. Bei der Herausgabe eines Medikaments müssten inzwischen Rabattverträge mit den einzelnen Kassen und viele andere Dinge mehr beachtet werden. Kammerpräsident Saar, der in Heusweiler-Holz eine Apotheke betreibt, erwägt deshalb einen ungewöhnlichen Schritt: "Ich überlege, ob ich zumindest halbtags einen Juristen engagiere."

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HintergrundHaupteinnahmequelle der Apotheker ist der Festzuschlag von derzeit 8,35 Euro je Packung für verschreibungspflichtige Medikamente - unabhängig vom Preis und der Größe der Packung. Dies macht laut Apothekerkammer etwa 85 Prozent der Vergütung aus. Der Zuschlag ist in diesem Jahr erstmals seit der Umstellung der Apotheker-Honorierung im Jahr 2004 erhöht worden (von 8,10 Euro). Zusätzlich erhalten die Apotheker drei Prozent des Einkaufspreises eines Medikaments. Allerdings müssen die Apotheken den Herstellern einen Rabatt von derzeit 1,75 Euro pro Packung zahlen. Ein Notdienst wird mit etwa 200 Euro vergütet. kir

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