Immer mehr Andrang bei den Tafeln im Land

Saarbrücken · Die Tafeln versorgen tausende Saarländer mit Lebensmitteln – Tendenz steigend. Und im Zuge der EU-Freizügigkeit könnte der Andrang nächstes Jahr weiter zunehmen. Dabei sind einige Waren schon jetzt knapp.

 Tafel-Mitarbeiter wie Katheryna Zherebytska (r.) müssen einige Lebensmittel bei der Ausgabe schon streng rationieren. Oft ist nicht genug für immer mehr Bedürftige da. Foto: Becker & Bredel

Tafel-Mitarbeiter wie Katheryna Zherebytska (r.) müssen einige Lebensmittel bei der Ausgabe schon streng rationieren. Oft ist nicht genug für immer mehr Bedürftige da. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Seit einer halben Stunde steht Vera Stamenkovic hinter dem Tisch mit den grünen Körben. Im mittleren Korb liegen noch einige Bündel Radieschen, die übrigen sind schon leer. "Radieschen habe ich noch für sie. Möchten sie?", fragt sie eine alte Dame, die ihre Runde durch den Raum der Saarbrücker Tafel dreht. Ehe diese sich versieht, liegen ein paar kleine Knollen in ihrem Einkaufswagen. Dann dreht die Seniorin ab, nach links zum Obst.

Stamenkovic arbeitet nicht nur bei der Tafel, sie ist mit kleiner Witwenrente und Grundsicherung auch bezugsberechtigt - darf sich also selbst hier mit Lebensmitteln versorgen. Damit ist sie eine von derzeit rund 4500 Saarbrückern, die das Angebot der Tafel nutzen. Wie in ganz Deutschland steigt auch im Saarland die Zahl der Tafel-Klienten kontinuierlich an. "Wir haben jede Woche gut zehn Neuanmeldungen", sagt Uwe Bußmann, Vorsitzender der Saarbrücker Einrichtung. Zwar gebe es auch Abmeldungen, diese glichen die hohe Zahl an Neuanmeldungen aber nicht aus. Von einem Anstieg berichten auch die Betreiber anderer Tafeln im Land.

Im kommenden Jahr könnte es noch weiter nach oben gehen - eventuell sogar deutlich. Wegen der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die ab 2014 in Deutschland auch für Rumänen und Bulgaren gilt, wird mit einem stärkeren Zuzug aus diesen Ländern gerechnet - auch mit dem Zuzug vieler armer Leute. "Wir wissen nicht, was da auf uns zukommt", sagt Bußmann. "Das könnte zum Problem für uns werden."

Denn schon heute müssen die Tafeln gut haushalten. Einige beklagen einen Rückgang bei den Geldspenden. Unter den Lebensmitteln sind bestimmte Warengruppen regelmäßig knapp. "Was Milchprodukte angeht, so ist es schwierig", berichtet Günter Dell vom Diakonischen Zentrum Völklingen, das die dortige Tafel betreibt. Gleiches gelte für Fleisch- und Wurstwaren. Auch in Saarbrücken werden die beiden Warengruppen streng rationiert: Pro Abholer gibt es an diesem Tag beispielsweise höchstens zwei Milchprodukte: "In den Geschäften wird eben mittlerweile wesentlich enger kalkuliert", da falle nicht mehr so viel ab, meint Bußmann. Übel zu nehmen sei das den Geschäften kaum, sind sich die saarländischen Tafelbetreiber einig. "Ich würde das als Geschäftsmann genauso machen", gesteht Dell. Nur sitzen die Tafeln damit in einer Zwickmühle: Eine steigende Nachfrage steht einer nicht im gleichen Maße mitwachsenden Menge zu verteilender Lebensmittel gegenüber.

Aber muss das überhaupt sein? "Wir sind kein Lebensmittelmarkt", gibt Jörg Panter zu bedenken, der im Auftrag der Caritas für die Tafeln in Neunkirchen, Illingen und St. Wendel zuständig ist. "Unser Sinn soll es ja nicht sein, immer stärker einzugreifen. Wir müssen darauf hinwirken, dass die Tafeln unnötig werden", mahnt er.

Dieses hehre Ziel befürworten auch die übrigen Betreiber. Nur tun können sie dafür wenig. "Wir wollen eigentlich nur weiter so machen", sagt Bußmann. "Damit wir möglichst vielen Leuten helfen können." Dafür aber brauche es auch ausreichend Lebensmittel.

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