Im Osten viel Neues

Saarbrücken. Ihr Debüt vor Saarbrücker Publikum gaben sie in Schlingmanns "Faust", heute Abend stehen sie zusammen als derbe Soldaten in Brechts Groteske "Mann ist Mann" auf der Bühne. Christoph Diem hat das Stück für die Alte Feuerwache inszeniert

Saarbrücken. Ihr Debüt vor Saarbrücker Publikum gaben sie in Schlingmanns "Faust", heute Abend stehen sie zusammen als derbe Soldaten in Brechts Groteske "Mann ist Mann" auf der Bühne. Christoph Diem hat das Stück für die Alte Feuerwache inszeniert. Und noch etwas haben Andreas Anke und Johannes Quester, die beiden Neuzugänge im Schauspielensemble des Saarländischen Staatstheaters, gemeinsam: Beide stammen aus dem deutschen Osten, als der noch DDR hieß. Er habe die Zeit des Mauerfalls mit 16 sehr intensiv miterlebt, erzählt Anke, der ältere, gebürtiger Berliner, und bekommt jetzt noch leuchtendende Augen, wenn er an die Demos denkt, bei denen er mit marschierte. "Zu sehen, dass ein Staat so plötzlich zusammenbricht, wie fragil ein Gefüge ist, von dem man dachte, es hält ewig". Für Anke eine "prägende Zeit", in der er auch persönlich den Umbruch wagte. Anke, nach der 8. Klasse von der Schule abgegangen, steckte damals mitten in der Lehre zum "Facharbeiter für Anlagen und Geräte" am Energiekombinat Berlin. Knochenarbeit im Vierschichtendienst. Da blieb wenig Zeit, für das, was Anke wirklich wichtig war: "Theater machen", in einer Amateurgruppe im Pionierpalast. 1990 brach er die Lehre ab. "Das wäre zu DDR-Zeiten nicht möglich gewesen, da hätten sie einen durchgeboxt oder von einer Arbeitsstelle zur anderen verschoben". Andreas Anke bekam eine ABM-Stelle als Techniker und Handwerker bei einem Amateurtheater, machte den Schulabschluss nach, Zivildienst. "Und dann wurde ich bei der ersten Bewerbung auf der Schauspielschule Leipzig, meiner Wunschschule, gleich einstimmig angenommen". Nun ja, er sei erst neun gewesen, als die Mauer fiel, sagt Johannes Quester dazu, und sein Weg zum Wunschberuf im Vergleich sehr viel unkomplizierter. Schon im Kindergarten habe das angefangen mit der Schauspielerei, ab zwölf habe er in seiner Heimatstadt Dresden eine Pantomimeschule besucht, Gitarre und Schlagzeug gelernt und sich dann mit 20 erfolgreich für die Schauspielschule Rostock beworben. Warum sich beide für Ost-Schulen entschieden? "Die hatten den besseren Ruf, galten als gründlicher", sagt Anke. Auch bei Wessis, die in Leipzig damals drei Viertel des Jahrgangs ausmachten. Dass der Beruf im Osten ein anderes Selbstverständnis hatte, dass man als Schauspieler einen gesellschaftlichen Auftrag hatte, das sei sowohl in Leipzig als auch in Rostock noch zu spüren gewesen, sind sich Anke und Quester einig. Johannes Quester setzte die Rostocker Schauspieldirektorin Johanna Schall schon während seiner Ausbildung am Volkstheater ein. Zwei Jahre blieb er dort, wechselte dann mit seiner Freundin gemeinsam nach Zittau, sprach nach einer Spielzeit in Bielefeld in Saarbrücken vor. Mit Johanna Schall, Enkelin von Brecht und Helene Weigel, verbindet der 28-Jährige seine beiden bisherigen Lieblingsrollen: als "Wurm" in "Kabale und Liebe" und als "Hamlet". Als Dänenprinz habe zum ersten Mal das faszinierende Gefühl erlebt, welche Macht über die Zuschauer man erreichen könne, wenn man da allein auf der Bühne stehe. Andreas Anke wiederum knüpft seine "schönsten Erinnerungen" an Bernhard Stengele am Würzburger Mainfrankentheater: "weil der an jedes Stück anders herangeht und viel wagt". Nicht zu vergessen Christoph Diem. Wäre der nicht als Gastregisseur in Würzburg gewesen, wäre Anke vielleicht nicht auf die Idee gekommen, nach Saarbrücken zu wechseln. Eine Entscheidung, die weder Anke noch Quester bereuen. Die Stadt habe kulturell viel zu bieten und wenn man in die Kneipe gehe, so Quester, bleibe man am Tresen nicht lang allein. sbu"Mann ist Mann", heute, 19.30 Uhr, Alte Feuerwache. Karten: Tel. (0681) 3092-486.

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