Enkel enthüllt Familiengeheimnis Wo werden die Honeckers beerdigt?

Santiago/Berlin · Der Enkel des ehemaligen DDR-Staatschefs verrät in einem neuen Buch ein Familiengeheimnis: Erich und Margot Honecker, gestorben 1994 und 2016, sind noch nicht beerdigt. Nun gibt es Streit, wo ihre Urnen bestattet werden sollen: in Berlin, im Pazifik – oder im Saarland.

 Der einstige DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker mit seiner Frau Margot beim 750-jährigen Jubiläum der Stadt Berlin im Jahr 1987. Um die letzte Ruhestätte der beiden ist nun ein Familienstreit entbrannt.

Der einstige DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker mit seiner Frau Margot beim 750-jährigen Jubiläum der Stadt Berlin im Jahr 1987. Um die letzte Ruhestätte der beiden ist nun ein Familienstreit entbrannt.

Foto: dpa/Wilfried Glienke

Erich Honecker (1912-1994), lange Zeit DDR-Staatsratsvorsitzender und kurz vor dem Mauerfall aus dem Amt vertrieben, starb vier Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung. Margot Honecker (1927-2016), die gefürchtete jahrzehntelange eiserne Ministerin für Volksbildung in der DDR, starb vor zwei Jahren. Beide lebten zuletzt im Exil in Chile, in einem Ort nahe der Hauptstadt Santiago. Kaum jemand wusste, dass ihre Urnen bis heute nicht in Friedhofserde liegen. Jetzt hat es der Honecker-Enkel Roberto Yáñez (44) preisgegeben. Der Sohn von Honeckers Tochter Sonja und ihrem chilenischen Ehemann Leonardo Yáñez hatte mit seinen Eltern nach dem Ende der DDR das kleine Land verlassen und war nach Chile gegangen. Erich und Margot Honecker folgten ihnen.

Ein genauer Ort für die letzte Ruhestätte der Honeckers war bisher nicht bekannt, man glaubte, die Familie habe das nicht gewollt. Es verhält sich aber offenkundig anders. Zwar gab es für beide eine Trauerfeier, zuletzt für Margot Honecker auf dem Friedhof Parque del Recuerdo in Santiago, aber die anschließende Beerdigung soll im engsten Familienkreis stattgefunden haben. Nun erklärt der Enkel in seinem Buch „Ich war der letzte DDR-Bürger“, dass beide Urnen noch vorhanden sind und es Streit um sie gibt. Das Ehepaar Yáñez will Eltern beziehungsweise Schwiegereltern nicht in deutscher Erde begraben haben. Ihr Sohn beharrt jedoch darauf, dass sie als Politiker und somit Figuren der deutschen Zeitgeschichte in Deutschland ihre letzte Ruhe finden sollen.

Dass sich die Urnen noch bei einem „guten Freund der Familie“ befinden, ist möglich, weil es in Chile keine Bestattungspflicht gibt. Wer will, kann die Asche seiner verstorbenen Angehörigen bei sich zu Hause aufbewahren. Man wusste, dass Margot Honecker als Witwe die Urne ihres Mannes quasi beschlagnahmt hatte. Nach ihrem Tod nahm der Freund auch ihre Asche im Gefäß in seine Obhut.

Honecker, Sohn eines Bergmanns aus Neunkirchen-Wiebelskirchen, hatte in seinen letzten Lebensmonaten erklärt, er würde am liebsten in seiner saarländischen Heimatstadt beerdigt werden. Das sagte Mitautor Thomas Grimm, ein Berliner Filmemacher, der die TV-Doku „Honeckers Enkel“ gedreht hat, der „Berliner Zeitung“. Der Wunsch des Enkels Roberto ist, dass beide Urnen nach Berlin überführt werden, wo sie auf dem Friedhof der Sozialisten im Stadtbezirk Friedrichsfelde beerdigt werden sollen, mehr oder weniger feierlich. Dort liegen viele ihrer früheren Genossen und Mitstreiter.

Seine Mutter Sonja will aber die Asche ihrer Eltern im Pazifik verstreut sehen. Mitautor Grimm schreibt: „Warum sollen Margot und Erich Honecker nicht ihre letzte Ruhe im größten Meer der Erde finden? Für die einstigen kommunistischen Internationalisten eine nicht unpassende Bestattungsform.“

Dass die einst so mächtigen Honeckers nach Chile gelangten, konnte nur geschehen, weil es nicht mehr möglich war, die früheren Führer des Regimes im Land zu behalten. Nach dem Mauerfall kamen sie in einem Pfarrhaus unter, danach ging das Paar nach Moskau, wo es auch nicht gern gesehen war. Anfang der 1990er Jahre reiste Margot Honecker nach Chile aus, ihr Mann musste noch den Prozess gegen ihn wegen Totschlags von DDR-Flüchtlingen absolvieren. Wegen seiner Krebserkrankung wurde der Prozess eingestellt, Honecker folgte im Jahr 1993 seiner Ehefrau nach Südamerika. Er wurde 81 Jahre alt.

Zu seinem Enkel soll er stets ein gutes Verhältnis gehabt haben. Roberto Yáñez ist Künstler, er malt, schreibt Gedichte und macht Musik. In seinem Buch beschreibt er die schwierige Abnabelung von seinen Freunden in der DDR, von seiner Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Seine Großmutter Margot habe ihn erst zu einer Therapie überredet und dann arrangiert, dass er zum Entzug nach Kuba ging.

 Honeckers Enkel Roberto Yáñez – hier bei einer Ausstellungs-Eröffnung im Jahr 2013 – hat ein neues Buch über sein Leben und das Verhältnis zu seinem Großvater veröffentlicht.

Honeckers Enkel Roberto Yáñez – hier bei einer Ausstellungs-Eröffnung im Jahr 2013 – hat ein neues Buch über sein Leben und das Verhältnis zu seinem Großvater veröffentlicht.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Roberto Yáñez, Thomas Grimm: „Ich war der letzte Bürger der DDR“, Insel, Berlin, 255 S., 20 €

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