Hilfe im Dschungel des Lebens

Saarbrücken. "Mogli" traut sich nicht alleine Saarbahn zu fahren. Deshalb übt sie es gemeinsam mit Sakine Aksu, ihrem "Balu". Allerdings sitzen die Studentin und das kleine Mädchen nicht zusammen. Aksu sitzt ein paar Reihen weiter hinten. Es ist eine gemeinsame Übung, um das Selbstbewusstsein der Grundschülerin zu stärken. Das ist Aksus Aufgabe als Balu

 Manchmal braucht man einen großen Freund: Im Dschungelbuch kann der kleine Mogli immer auf den Bären Balu zählen - das ist die Grundidee des Projekts "Balu und Du". Foto: dpa

Manchmal braucht man einen großen Freund: Im Dschungelbuch kann der kleine Mogli immer auf den Bären Balu zählen - das ist die Grundidee des Projekts "Balu und Du". Foto: dpa

Saarbrücken. "Mogli" traut sich nicht alleine Saarbahn zu fahren. Deshalb übt sie es gemeinsam mit Sakine Aksu, ihrem "Balu". Allerdings sitzen die Studentin und das kleine Mädchen nicht zusammen. Aksu sitzt ein paar Reihen weiter hinten. Es ist eine gemeinsame Übung, um das Selbstbewusstsein der Grundschülerin zu stärken. Das ist Aksus Aufgabe als Balu. Denn bisher hat sich die schüchterne Neunjährige nicht getraut, alleine Bus zu fahren. Mittlerweile sei sie viel offener geworden, sagt Aksu, die im dritten Semester Soziale Arbeit und Sozialpädagogik in Saarbrücken studiert. Seit Oktober trifft sie sich einmal die Woche mit ihrem Mogli. Sie gehen gemeinsam in den Zoo oder auf den Spielplatz.Das Projekt "Balu und Du" widme sich benachteiligten Schülern, die mehr Zuwendung als andere Kinder brauchen, erklärt Dominik Esch von der Universität Osnabrück. Dort wurde das Projekt vor zehn Jahren gegründet. Der Name lehnt sich an den Zeichentrickfilm "Das Dschungelbuch" an. Wie der Bär Balu das Menschenkind Mogli durch den Dschungel führt, so sollen Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Saarbrücken Grundschüler durch den Dschungel des Lebens begleiten. Seit 2002 wurden bundesweit mehr als 4500 Pärchen vermittelt.

"An der Seite ihrer Mentoren werden die Kinder zufriedener und das ist die Voraussetzung für erfolgreiches Lernen", erklärt Esch. Es sei mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass sich durch die Betreuung die Lernmotivation der Kinder verbessere. "Außerdem werden Konzentration und soziale Kompetenz gefördert." Die Moglis werden von Schulsozialarbeitern vorgeschlagen, wenn sich die Lehrer Sorgen machen. Zum Beispiel, wenn ein Kind in der Gruppe isoliert ist, zu Hause vernachlässigt wird oder sich nur schwer konzentrieren kann. Die Mentoren bieten zusätzliche Förderung, allerdings keine Hausaufgabenhilfe.

In Saarbrücken gibt es insgesamt 18 Pärchen, bundesweit mehr als 800. "Und die Zahlen steigen kontinuierlich", sagt Esch. Dabei soll der bärenstarke Mentor zwischen 18 und 30 Jahre sein. "Wir möchten den Eltern demonstrieren: Das sind junge Leute, sportlich und attraktiv, die ausschließlich für ihr Kind da sind." Den Eltern solle klar sein, dass das keine Sozialarbeiter seien, die sich auf die Probleme in der Familie stürzen. "Bei älteren Menschen mit mehr Lebenserfahrung ist das schwieriger." Die Mentoren sollten einfach eine Art große Schwester oder ein großer Bruder sein. Und die Erfahrung zeige: Es funktioniert. "87 Prozent der Eltern der betroffenen Schüler sehen das Projekt positiv", sagt Esch.

Im Saarland sind alle Balus Studenten. In Bremen, Hannover und Köln können auch andere Ehrenamtliche kleine Moglis betreuen. Der einzige Unterschied: In Saarbrücken werden die Studenten bei ihrem Einsatz zusätzlich wissenschaftliche begleitet. Projektleiterin Silvia Grewelinger-Diewald betreut die Balus an der HTW in Saarbrücken. "Im Seminar besprechen wir gemeinsam einzelne Fälle. Die Balus können sich dann auch untereinander austauschen", erklärt sie. "Das ist der Königsweg", erklärt Esch.

Und was passiert, wenn das Jahr vorbei ist? Muss Mogli seinen Weg dann alleine gehen? Meistens nicht. Aus zwei Dritteln der Paare entwickelt sich nach Eschs Angaben eine bleibende Freundschaft.

balu-und-du.de

Hintergrund

Die Pärchen bei "Balu und Du" bleiben ein Jahr zusammen. In dieser Zeit sollen Sozialkompetenz, Kommunikations- und Entscheidungsfähigkeit verbessert werden. Den Kindern soll ein positives Selbstbild vermittelt werden, um sie zu stärken. Träger des Projekts ist der gemeinnützige Verein "Balu und Du" mit Sitz in Osnabrück und Geschäftsstelle in Köln. Im Saarland wird es vom Regionalverband und dem Landkreis Merzig-Wadern finanziert. Ein Pärchen kostet rund 2500 Euro. Davon werden Ausflüge, Fahrtkosten, aber auch die pädagogische Betreuung bezahlt. nkl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort