Urteil in Strafprozess Drei Jahre Haft nach Messerangriff

Saarbrücken · Nach dem Messerangriff auf einen Flüchtling aus Afghanistan vor dem Saarbrücker Hauptbahnhof muss ein Syrer nun ins Gefängnis.

 Im Februar stach der 18-jährige Syrer den gleichaltrigen Afghanen vor dem Saarbrücker Hauptbahnhof nieder.

Im Februar stach der 18-jährige Syrer den gleichaltrigen Afghanen vor dem Saarbrücker Hauptbahnhof nieder.

Foto: Matthias Zimmermann

Wegen gefährlicher Körperverletzung hat das Landgericht in Saarbrücken einen Flüchtling aus Syrien zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. Nach Feststellung der Richter hat der 18-Jährige am Abend des 16. Februar 2018 in der Nähe des Saarbrücker Hauptbahnhofs einen gleichaltrigen Flüchtling aus Afghanistan mit einem Messer angegriffen und mit zwei Stichen in den Oberkörper lebensgefährlich verletzt. Der Verletzte brachte sich auf der Wache der Bundespolizei im Bahnhof in Sicherheit. Er kam ins Krankenhaus und musste notoperiert werden.

Im Vorfeld der Tat sollen mehrfach junge Männer aus Syrien und Afghanistan in Streit geraten sein. Diese öffentlichen Szenen und die Messerattacke sorgten für eine lebhafte politische Diskussion über die Sicherheit in der Landeshauptstadt, die bei jedem ähnlichen Vorfall erneut aufkeimt. Dabei fordert die SPD-geführte Rathausspitze regelmäßig eine höhere Polizeipräsenz in Saarbrücken, was das CDU-geführte Innenministerium mit Blick auf die Personalnot bei der Polizei unter Druck setzt. Die für die Sicherheit im und am Bahnhof zuständige Bundespolizei verhängte zeitweise ein Waffenverbot, das auch das Mitführen von Messern untersagte.

Die politischen Folgen der Tat spielten vor dem Landgericht keine Rolle. Dort ging es um ein angemessenes Urteil im Fall des Angeklagten. Er kam nach eigener Aussage 2015 im Alter von 15 Jahren nach Deutschland zu Verwandten. Diese hätten ihn in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. Aber Wohngruppe, Taschengeld, Schule und Deutschkurs seien nicht gewesen, was er sich erhofft habe. Der 15-Jährige, der in Syrien sechs Jahre zur Schule gegangen und bei einem Schmied gearbeitet haben soll, habe in Deutschland arbeiten wollen. Er habe Geld verdienen wollen, um es den Eltern und kleinen Geschwistern nach Syrien zu schicken. Also sei er aus der Wohngruppe weggelaufen und ins Saarland gekommen. Hier meldete er sich unter anderem Namen und mit anderem Geburtsdatum, das ihn drei Jahre älter machte.

Also musste vor Gericht ein medizinisches Gutachten klären, wie alt der Angeklagte wirklich ist. Ergebnis: Der junge Mann sei nicht ausgewachsen, sein ursprünglich angegebenes Alter von heute 18 Jahren sei plausibel. Damit war das Jugendstrafrecht auf die Tat vom Februar 2018 anwendbar. Damals waren im Umfeld des Hauptbahnhofs mehrfach junge Männer aneinander geraten. Warum? Es dürfte eine Mischung aus geplatzten Träumen, Drogen, Alkohol und Frustration bei den Angreifern gewesen sein. In diesem Zusammenhang soll der Angeklagte dem späteren Opfer bereits gedroht haben, er werde ihn umbringen. Die Angegriffenen riefen die Bundespolizei, die Lage schien beruhigt.

Rund eine Stunde nach dem letzten Vorfall trafen sich einige Mitglieder der beiden Gruppen wieder. Darunter das spätere Opfer der Bluttat und ein Bekannter. Sie wollten von den anderen offenbar wissen, warum sie so aggressiv gewesen seien. Dabei – das sagt der Angeklagte – seien die Afghanen aggressiv geworden und hätten angegriffen. Er habe sich daraufhin mit dem Messer gewehrt. Ganz anders schilderten dies die beiden jungen Männer aus Afghanistan als Zeugen vor Gericht. Sie berichteten, wie einer von ihnen plötzlich mit voller Wucht von hinten angegriffen worden sei. Er habe einen Stich im Oberkörper gespürt und sich umgedreht. Dann habe ihn ein zweiter Stich von vorne getroffen. Die Ergebnisse der Gerichtsmedizin bestätigten diesen Ablauf der Tat. Fazit der Richter. Der Angriff sei sinnlos und überflüssig gewesen, geprägt von großer Brutalität und Rücksichtslosigkeit. Ein Fall von gefährlicher Körperverletzung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort