Bombenentschärfung Größte Evakuierung der Nachkriegszeit

Neunkirchen · 2500 Menschen in Neunkirchen müssen am Sonntag ihre Häuser verlassen. Eine 50 Kilo schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg muss entschärft werden.

 Ein Krisenteam räumt am kommenden Sonntag dieses Gebiet rund um die Neunkircher Bliesterrassen. 2500 Menschen müssen ihre Häuser verlassen, bis die US-amerikanische Fliegerbombe entschärft ist.

Ein Krisenteam räumt am kommenden Sonntag dieses Gebiet rund um die Neunkircher Bliesterrassen. 2500 Menschen müssen ihre Häuser verlassen, bis die US-amerikanische Fliegerbombe entschärft ist.

Foto: Jörg Jacobi

43 Männer und Frauen freuen sich auf den Sonntag. Dann machen die Bewohner des Karl-Ferdinand-Seniorenheimes nämlich schon am frühen Morgen einen Ausflug ins Schwesternhaus, das Caroline-Fliedner-Haus. „Der Tag soll so angenehm wie möglich werden“, sagt Pflegedienstleitung Karin Bender. Grund für die überraschend anberaumte Nachfastnachtstour ist eine 50 Kilo schwere US-amerikanische Fliegerbombe, die beim Bau der Bliesterrassen entdeckt wurde. Am Sonntag wird sie entschärft. Ein Gebiet 300 Meter rund um den Bombenfund muss weiträumig geräumt werden. Weil hier Geschäfts- und Ärztehäuser sind, hat man den Sonntag gewählt, wie Einsatzleiter Bürgermeister Jörg Aumann erklärt.

Trotzdem wird die Evakuierung die größte sein, die es bislang in der Nachkriegszeit im Saarland gab. 2500 Menschen müssen ihre Häuser verlassen. Gestern bekamen sie noch einmal Flugblätter mit allen Informationen. Auch dafür ist das Krisenteam verantwortlich: Kreisstadt Neunkirchen, Polizei, Kampfmittelräumdienst, Katastrophenschutz, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW), Rettungsdienste, Krisenintervention Saarland und das örtliche Busunternehmen, die NVG, gehören dazu.

Der grobe Ablaufplan steht bereits. Bis 7 Uhr müssen die Häuser menschenleer sein. Damit das klappt, sind rund 70 Mitarbeiter unterwegs zum Klingeln und Klopfen. Weigert sich jemand, sein Haus zu verlassen, kommt die Polizei. „Erst wenn von allen das Okay kommt, dass alles geräumt ist, wird der Kampfmittelräumdienst anfangen“, erklärt Aumann. Läuft alles optimal und ohne Zwischenfälle, dann entschärfen die drei bis fünf Mann vom Kampfmittelräumdienst zwischen 9 und 10 Uhr die Bombe. Im besten Fall ist alles in zwei Stunden geschafft. So war es 2014, als beim Bau der Neunkircher Kita eine Bombe entdeckt worden war. Im schlimmsten Fall muss die Bombe  gesprengt werden. So oder so: Keiner der Beteiligten glaubt, dass eine Übernachtung in den Evakuierungshallen droht. „Wir nehmen auf jeden Fall Wechselkleider und Hygienartikel für unsere Bewohner mit, wir wissen ja nicht, was wir alles brauchen“, hat man im Evergreen beschlossen, dem zweiten Pflegeheim im Evakuierungsradius. Mit 115 Bewohnern und allen 30 Pflegekräften, so Pflegedienstleiter Dietrich Gulau, wird man die Fahrgelegenheit der Stadt in Anspruch nehmen und in die Gebläsehalle umziehen. 13 Personen werden für die Zeit ins Krankenhaus verlegt. „Einige sind schon ängstlich, fühlen sich an den Krieg erinnert“, erzählt Gulau. An Ablenkung wird gedacht sein: Spiele sind im Gepäck.

Insgesamt finden 650 Personen in der Gebläsehalle Platz. Wenn es eng wird, stehen Busse bereit, die die Halle der Verkehrsgesellschaft (rund 600 Plätze) anfahren. Dritte Option: Die Sporthalle Wellesweiler. Wasser, Tee und Kaffee sowie ein Imbiss stehen bereit. Sollte alles wider Erwarten länger dauern, „wird man für alles sorgen“, sagt Aumann. Eine, die hofft, dass das nicht der Fall sein wird, ist Elke Rothhaar. Sie wohnt im Corona-Hochhaus, nah dran an der Bombe. Gestern ist sie noch einmal durchs mit 70 Parteien bewohnte Haus und hat vor allem die Flüchtlinge umfassend informiert.

 Hier liegt die Bombe. Rund um den Fundort sind Geschäfts- und Ärztehäuser.

Hier liegt die Bombe. Rund um den Fundort sind Geschäfts- und Ärztehäuser.

Foto: Jörg Jacobi

Wann die Entschärfung geschafft ist, wird das mit Helferketten kommuniziert. Auch im Zoo, der am Sonntag extra bereits um 7.15 Uhr öffnet, wird es eine Durchsage geben. „Ich bin optimistisch das alles gut läuft“, sagt Aumann. Das hoffen auch die Bewohner des Karl-Ferdinand-Hauses. Schließlich wollen sie zum Abendessen gerne wieder zu Hause sein.

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