"Gott verrückt die Maßstäbe dieser Welt"

Weihnachten wird unter dem Baum entschieden, behauptet derzeit eine Elektronikfachmarkt-Kette in ihrer Werbung. Ich setze dagegen: Weihnachten muss überhaupt nicht entschieden werden, weder unter dem Baum, noch sonstwo. Was an Weihnachten entscheidend ist, das wurde bereits vor langer Zeit entschieden: Im Stall zu Bethlehem vor rund zweitausend Jahren

Weihnachten wird unter dem Baum entschieden, behauptet derzeit eine Elektronikfachmarkt-Kette in ihrer Werbung. Ich setze dagegen: Weihnachten muss überhaupt nicht entschieden werden, weder unter dem Baum, noch sonstwo. Was an Weihnachten entscheidend ist, das wurde bereits vor langer Zeit entschieden: Im Stall zu Bethlehem vor rund zweitausend Jahren. Da wurde Gott Mensch und kam als kleines, wehrloses und als ein auf andere angewiesenes Baby auf diese Welt. Kein drohender, machtstrotzender Gott, der verlangt und zürnt und straft. Sondern ein Gott, der einer von uns wird. Der sich gibt, der sich schenkt. Der auf seine Macht verzichtet, damit die Lieblosigkeit und die Eigensucht keine Macht mehr über uns haben.Seither gelten nicht mehr Leistung und Großartigkeit. Seitdem muss kein Mensch mehr seinen Wert beweisen: Nicht durch große Taten, nicht durch Reichtum und Können, und erst recht nicht durch außerordentliche Geschenke, wie uns die Werbung in der Vorweihnachtszeit suggerieren will. Was wir an Weihnachten schenken, daran entscheidet sich zwar die Freude der Beschenkten, sonst aber gar nichts.

Mir macht Schenken Spaß und ich suche gern Weihnachtsgeschenke aus. Ich gehöre nicht zu den Spielverderbern, die wegen des ganzen Konsums ein schlechtes Gewissen machen wollen. Geschenke sind dazu da, Freude zu machen. Zur Selbstdarstellung oder gar zur Bemessung des Werts eines Menschen taugen Geschenke aber nicht. In einer Gesellschaft, in der nur der etwas wert ist, der auch große Geschenke machen kann, möchte ich nicht leben. Ein Geschenk muss nicht teuer oder ausgefallen sein, um glücklich zu machen. Auch ein liebevolles Wort oder eine Stunde Zeit für einander können wunderbare Geschenke sein, Geschenke, die Menschen glücklich machen. Deshalb ist es Unsinn, zu einer Leistungsschau der Geschenke aufzurufen. Mit Weihnachten hat das nicht das Geringste zu tun.

Wie gut, dass Gott mit dem Weihnachtsfest andere Akzente gesetzt hat. Die Geburt Jesu ist das Weihnachtsgeschenk Gottes an uns alle, an jede und jeden einzelnen von uns. Gott schenkt uns mit der Geburt Jesu die Gewissheit, dass er nicht zu uns kommt, um zu fordern und zu strafen. Gott kommt auf uns zu.

Damit verrückt Gott die Maßstäbe dieser Welt: Es kommt nicht mehr darauf an, was einer ist und was einer hat. Es kommt nur noch darauf an, sich von Gott beschenken zu lassen. Nicht wir entscheiden, sondern Gott entscheidet.

Weihnachten wird nicht unter dem Baum entschieden. Was entscheidend ist an Weihnachten, das ist längst geschehen: Gott wurde Mensch und kam hinein in diese Welt und in unser Leben. Das ist Gottes Geschenk an uns. Dieses Geschenk macht uns frei von allem Konsum- und Leistungsstress am Weihnachtsfest. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein ruhiges und gesegnetes Weihnachtsfest.

Christian Weyer ist Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Saar-West.

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