Glückwunsch zum 174. Geburtstag!

Neunkirchen · Aus dem 19. Jahrhundert stammt der Brauch, vier Wochen vor Weihnachten einen Adventskranz aufzustellen. Viele sind bei der Gestaltung ihrer Kränze äußerst kreativ. In der Serie „Lichter im Advent“ stellt die Saarbrücker Zeitung solche Schmuckstücke vor. Heute erzählt der Lokal-Historiker Horst Schwenk über die Tradition des Adventsschmucks.

 Horst Schwenk mit Abbildungen von historischen Wichernkränzen. Foto: Willi Hiegel

Horst Schwenk mit Abbildungen von historischen Wichernkränzen. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

. Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Kranz auf dem Foto: Richtig, es sind zu viele Kerzen darauf, genau genommen 28. Aber das geht in Ordnung, behauptet Horst Schwenk. Denn "das ist der ursprüngliche Adventskranz". Mit Akribie und Fleiß hat der zweite Vorsitzende des Historischen Vereins Stadt Neunkirchen in Windeseile Fakten rund um die Entstehung des Adventskranzes gesammelt und dabei die Anfrage der SZ zu seiner Sache gemacht. "Ein Rundruf in den Pfarrämtern hier hat nichts gebracht", bilanzierte Schwenk. Fündig wurde er bei der Internetenzyklopädie Wikipedia ("aber das ist mit Vorsicht zu genießen"), vor allem aber im Rauhen Haus im Hamburger Stadtteil Horn. Dieses ist nichts weniger als der Geburtsort des Adventskranzes vor 174 Jahren.

Los geht die Geschichte allerdings schon am 31. Oktober 1833. Damals bezog Johann Hinrich Wichern mit seiner Mutter, seiner Schwester und zwölf Jungen die reetgedeckte Bauernkate. In diesem ersten "Rettungshaus für verwahrloste und schwer erziehbare Kinder" legte der evangelische Theologe den Grundstein der modernen Jugendhilfe. Aber das nur nebenbei.

Weltpremiere des deutschen Kranz-Brauchtums war am ersten Advent 1839. Aus Holz gefertigt und mit Kerzen bestückt, hing der wagenradgroße Adventskranz unter der Decke des Betsaals, in dem täglich Andachten stattfanden. "Für jeden Tag im Advent steckte eine Kerze darin: vier große weiße Kerzen für die Sonntage, eine kleine rote für jeden Werktag", erklärt Schwenk. Warum Wichern den Kranz herstellte, ist ebenfalls überliefert: "Die Kinder haben ihn immer genervt, wann kommt das Christkind." Ab diesem Zeitpunkt musste der Hausvater nur noch auf den Kranz verweisen. "Jeden Tag wurde im Rauhen Haus eine Kerze mehr angezündet, so dass Heiligabend sämtliche Lichter brannten."

Grün wurde der Adventskranz erst einige Jahr später: 1851 nämlich schmückten die Hausbewohner den Betsaal im Advent erstmals mit Tannenzweigen, 1860 dann auch ihren Adventskranz. Hinzu kamen weiße Bänder, die um den Kranz gewunden wurden, und Tannenzapfen. Um zu Beginn des 20. Jahrhunderts Einzug in die bürgerlichen Wohnstuben halten zu können, musste der Adventskranz kleiner werden. So verschwanden die roten Werktagskerzen. Wer einen echten Wichern-Kranz nachbauen will, sollte beim Umfang nicht sparen: Empfohlen wird ein Durchmesser von mindestens 60 Zentimetern, ideal wären 120. "Wobei die Zahl der Kerzen ja schwankt", erinnert Schwenk. "Dieses Jahr bräuchte man nur 20 kleine rote."

Ein dickes Dankeschön geht in jedem Fall noch von Neunkirchen nach Hamburg an Archivar Wolfgang G. Fischer und Gudrun Wendland von der Stabstelle Kommunikation im Rauen Haus für ihre ambitionierte Unterstützung.

Bliebe nur noch festzuhalten, dass der Adventskranz in katholischen Gegenden erst knapp 100 Jahre später aufkam: Verbürgt ist das für 1925 in Köln.

Zum Thema:

auf einen BlickDie Saarbrücker Zeitung stellt bis 24. Dezember Einzelpersonen, Familien oder Gruppen vor, egal, ob Privat- oder Geschäftsleute, die wir mit ihrem Adventskranz oder -gesteck fotografieren möchten. Erzählen Sie uns, welche Bedeutung Ihre Dekoration für Sie hat, was für Sie das besondere an der Vorweihnachtszeit ist, wie Sie sich auf das Fest vorbereiten und wie Sie Weihnachten feiern. Auch Kindergärten oder Schulen können sich gerne melden. Unsere Redaktion wartet gespannt auf Ihre Schilderungen rings um das Weihnachtsfest. Rufen Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Lokalredaktion Neunkirchen unter Telefon (0 68 21) 9 04 64 50 an oder schicken Sie uns eine E-Mail an rednk@sz-sb.de. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort