Glocken, Dynamit, Gesang und Kirschkerne

Seit jeher schauen Zeitungsleser und Zeitungsmacher aufs Weltgeschehen. Doch wie hat früher der Alltag in unserer Region ausgesehen? Was war für die Völklinger vor 50, vor 70, vor 100 Jahren Tagesgespräch? SZ-Mitarbeiterin Susanne Rist hat im Archiv zurückgeblättert. Wir zitieren heute Artikel aus der „Völklinger Zeitung“, die im Juni 1897 erschienen sind – im Wortlaut und in originaler Rechtschreibung.

Aus der Völklinger Zeitung vom 21. Juni 1897:

Karlsbrunner Geläut

"Aus Karlsbronn wird mitgeteilt, daß die Einweihung der neu erbauten protestantischen Kirche nunmehr bestimmt auf den 12. August festgesetzt worden ist. Den Weiheakt wird Herr Konsistorialrat Militär-Oberpfarrer Bergmann aus Koblenz vornehmen.

Letzten Sonntag fand bereits das Probegeläute der beiden Glocken statt, von denen die eine bekanntlich ein Geschenk aus den Rheinlanden bildet, während die 2. kleinere, auf die große Terz harmonisch dazu abgestimmt, von der Firma Hamm-Frankenthal, den Gießern der berühmten Kaiserglocke zu Köln, hergestellt wurde. Es bildete geradezu ein Ereignis im Ort, als das Probegeläute voll und klar erstmals im Karlsbrunner Thal ertönte."

Aus der Völklinger Zeitung vom 24. Juni 1897:

Dynamit und Nasewitz "Geislautern, 22. Juni. Am Sonntag Nachmittag wollte ein hiesiger jüngerer Bergmann seinen Angehörigen die Wirkung einer Dynamitpatrone (?) zeigen, wie solche bei der Arbeit auf Grube Klein-Rosseln gebraucht werden, und steckte dieselbe, indem er die Mündung in Papier einhüllte und auf den Tisch legte, mit einem Streichhölzchen an, wodurch dieselbe explodierte und ihn im Gesicht und an der Hand stark verletzte. Seine ihm zur Seite stehenden zwei Brüder wurden auch verletzt und es kann nur von Glück gesprochen werden, daß nicht größeres Unglück passierte. Wieder eine ernstliche Mahnung und Warnung für solch nasewitzige junge Burschen."

Aus der Völklinger Zeitung vom 25. Juni 1897:

Vorsicht, Kirschkerne! "Alljährlich kommen Unfälle auf den Straßen durch Ausgleiten auf achtlos hingeworfenen Kirschkernen vor. Man sehe deshalb, da jetzt die Kirschenperiode gekommen ist, darauf, daß weggeworfene Kirschkerne keine Unsicherheit auf Wegen und Trottoirs hervorrufen."

Aus der Völklinger Zeitung vom 26. Juni 1897:

Sangeslust "Sängerfest der "Borussia". Morgen Nachmittag wird im "Volksgarten" des Herrn Weber ein fröhliches Fest, das I. Stiftungsfest des Gesangvereins "Borussia" gefeiert werden, zu welchem außer dem hiesigen "Männerchor" auch Gesangvereine von Saarlouis, Forbach, Püttlingen, Gersweiler und Obervölklingen mitwirken werden. Die Sangeslust, die von Altersher dem deutschen Volke eigen gewesen, ist die Gründerin dieser Vereine, und wo auch immer deutsch redende Männer vereinigt sind, erklingen deutsche Lieder, und der alte österreichische Reichskanzler Metternich hatte entschieden Unrecht, wenn er bei Gründung des ersten Männergesangvereins "Liedertafel" in Wien im Jahre 1843 zu dem Polizeipräsidenten sagte: "Halten Sie mir dieses Gift in Deutschland nieder!" Denn jetzt ist der deutsche Männergesang Gemeingut des deutschen Volkes geworden . . . Das Fest beginnt mit einem Umzug vom Vereinslokale Gasthaus Altpeter zum Volksgarten, woselbst das Konzert beginnt."

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