Gewerkschaft sieht Risiken im Vollzug durch Personalabbau

Saarbrücken/Homburg. In der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken ist es in den letzten sechs Monaten zu drei Übergriffen von Gefangenen auf Vollzugsbeamte gekommen. Dies berichteten gestern Vertreter der "Gewerkschaft Strafvollzug" in Homburg vor Journalisten

Saarbrücken/Homburg. In der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken ist es in den letzten sechs Monaten zu drei Übergriffen von Gefangenen auf Vollzugsbeamte gekommen. Dies berichteten gestern Vertreter der "Gewerkschaft Strafvollzug" in Homburg vor Journalisten. Drohungen gegen das Personal seien fast an der Tagesordnung, auch die Zahl der bekannt gewordenen Konflikte unter den Gefangenen steige an. Markus Wollscheid, Vorsitzender des Bundes Saarländischer Justizvollzugsbediensteter wies in diesem Zusammenhang auch auf die akute Personalnot im Vollzugsdienst hin. Mehr als 45 Stellen seien derzeit nicht besetzt. In dem Saarbrücker Hochsicherheitsgefängnis sind derzeit rund 650 Gefangene inhaftiert.Auch mit Blick auf ein geplantes Strafvollzugsgesetz der Länder stellten Wollscheid und sein rheinland-pfälzischer Kollege Winfried Conrad fest: "Vorgaben der Politik bringen uns neue Aufgaben, aber auch weniger Leute." Beide fordern unter anderem eine Neukonzeption der Ausbildung der uniformierten Vollzugskräfte. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Aufsichtspersonal auch verstärkt Aufgaben bei der so genannten Behandlung der Inhaftierten, damit ist die Betreuung und Vorbereitung der Resozialisierung gemeint, übernehmen müssen.

Auf wenig Gegenliebe bei der Gewerkschaft stößt, dass nach einem vorläufigen Referentenentwurf für das neue Vollzugsgesetz künftig die Arbeitspflicht für die Häftlinge entfallen soll. Therapeutische Maßnahmen und Qualifizierungsangebote sollen Vorrang erhalten.

Marco Bauer, Anstaltspsychologe in der Jugendvollzugsanstalt Ottweiler, sieht Lücken in der psychologischen Betreuung der Inhaftierten. Er sei beispielsweise für 140 jugendliche Häftlinge und in Krisensituationen für 95 erwachsene Gefangene zuständig, ein Kollege aus Saarbrücken unterstütze ihn 14 Stunden pro Woche. Bauer: "Es gibt Gefangene, die sehe ich nie!" Er spricht weiter von einer "deutlich zunehmenden Anzahl" junger Häftlinge mit psychischen Störungen. Das Saarland sei beim Thema psychologischer Dienst im Jugendvollzug bundesweit das Schlusslicht.

Auf das alltägliche Spannungsfeld zwischen Sicherheit auf der einen und Betreuung sowie Behandlung auf der anderen Seite, wies Gerhard Schirra, Vorstandsmitglied der Saar-Gewerkschaft hin. Voraussetzung für beide gesetzlich vorgegebenen Aufgaben sei eine gute personelle Ausstattung im Vollzug. Schon heute komme es teilweise wegen personeller Engpässe zu Einschränkungen, etwa zeitweise Schließung von Wohngruppen und Ausfall von Freizeitaktivitäten. Werde weiter Personal abgebaut, könne die notwendige Behandlung der Persönlichkeitsprobleme der Täter und damit durchaus auch die Sicherheit in und außerhalb der Anstalten dauerhaft Schaden nehmen.

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