Geteilte Meinung zur Helmpflicht

Saarbrücken. "Mein Fahrradhelm reflektiert", sagt Jan Messerschmidt. "Allerdings bräuchte ich mal einen Neuen

 Fahrradhelme können Leben retten. Eine Tragepflicht möchte ADFC-Saar-Vorstand Thomas Fläschner (hier ohne Helm bei der Aktion "Mit dem Rad zur Arbeit"; Zweiter v.l. unten) jedoch nicht. Foto: ADFC

Fahrradhelme können Leben retten. Eine Tragepflicht möchte ADFC-Saar-Vorstand Thomas Fläschner (hier ohne Helm bei der Aktion "Mit dem Rad zur Arbeit"; Zweiter v.l. unten) jedoch nicht. Foto: ADFC

Saarbrücken. "Mein Fahrradhelm reflektiert", sagt Jan Messerschmidt. "Allerdings bräuchte ich mal einen Neuen." Messerschmidt von der Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club-Gruppe Saarbrücken ist ein Helm-Verfechter - dennoch ist er gegen eine gesetzliche Helmpflicht, wie sie Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vergangene Woche angedroht hatte, "falls sich die Zahl der Helmträger nicht innerhalb der nächsten Jahre signifikant auf über 50 Prozent" erhöhe. Demnach trug 2010 nicht mal jeder Zehnte einen Helm beim Radfahren.Mit einer Helmpflicht würde sich laut Messerschmidt aber die Quote der Unfälle nicht sonderlich verbessern, jedoch deutlich weniger Menschen aufs Rad steigen. Das habe eine Studie nach Einführung der Helmpflicht in Australien 1991 gezeigt. Daher sollte es bei einer freiwilligen Entscheidung bleiben, sagt er. Bei einer Helmpflicht würden "die Kopfverletzungen womöglich zurückgehen, aber dafür würden andere Probleme wie Herz-Kreislauf-Krankheiten häufiger auftreten", sagt ADFC-Saar-Vorstand Thomas Fläschner, der auf dem Rennrad "immer mit", aber im Straßenverkehr auch gern mal "ohne" fahre. "Es ist eine gesundheitspolitische Abwägung." Auch Fläschner rät zu einem Helm, nimmt aber die Radfahrer an anderer Stelle in die Pflicht: "Vorausschauend fahren und sich im Straßenverkehr nicht verstecken", damit man als Radfahrer gesehen werde.

Gegenwind erhält der ADFC Saar von Dr. Tim Pohlemann, dem Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie in Homburg. "Wir begrüßen den Vorstoß von Verkehrsminister Ramsauer", sagt Pohlemann, der als Präsident die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) vertritt. "Die klinische Erfahrung der Unfallchirurgen zeigt, dass das Tragen eines Fahrradhelms in vielen Fällen schwere Kopfverletzungen verhindern oder abmildern konnte und in Einzelfällen lebensrettend war."

Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat kamen vergangenes Jahr in Deutschland 381 Radfahrer bei Verkehrsunfällen ums Leben, die Hälfte davon aufgrund tödlicher Kopfverletzungen. Wie viele der Opfer trotz eines Helms gestorben sind, ist nicht bekannt. Im Saarland gab es 2010 laut der polizeilichen Verkehrsunfallstatistik einen Toten bei 572 gemeldeten Unfällen, bei denen Fahrradfahrer verletzt worden sind. Für Bernd Brutscher von der Landespolizeidirektion Saarbrücken ist die Helmpflicht eine politische Entscheidung. Dennoch sieht er es pragmatisch. "Selbst wenn immer die Autofahrer an den Unfällen Schuld hätten, empfiehlt sich ein Helm, da der Radfahrer immer der Schwächere ist. Die Knautschzone des Radfahrers ist lediglich sein Körper." "Wir begrüßen Ramsauers Vorstoß."

Dr. Tim Uhlemann, Unfallchirurg

Helm? Ja. Pflicht? Nein!

Von SZ-RedaktionsmitgliedDennis Klammer

Ein Helmzwang würde eher den Griff nach dem Autoschlüssel als den zum Fahrrad verstärken. Schon jetzt klagen Ärzte über zu viele übergewichtige Menschen - diese Zahl würde weiter steigen. Soweit muss es nicht kommen.

Fahrradhelme sind dringend ratsam und wünschenswert, aber sie zu tragen sollte weiterhin eine freiwillige Entscheidung bleiben. Regelmäßiges Tragen und eine positive Einstellung zum Kopfschutz - abseits jeder Eitelkeit - ist eine Sache der Gewohnheit. Und die ist erlernbar: sowohl für Kinder im Rahmen der schulischen Verkehrsausbildung als auch für vorbildliche Erwachsene.

Der freiwillige Wunsch für eine erhöhte Sicherheit dank Kopfschutz ist allemal besser als eine Autofahrt aus Trotz. Letztlich sieht ein Fahrradfahrer mit Helm auch besser aus als ein fluchender Autofahrer, der im innerstädtischen Stau stehend den Radler an sich vorbeiziehen sieht.

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