Gastronomie in Gefahr?

Saarbrücken. Michael Raber ist einer der erfolgreichsten Makler der Stadt, und deshalb, so sagt er, wittert er Ungemach: eine "Bevormundungskatastrophe". Das Katastrophenszenario beschreibt er so: Am St. Johanner Markt werde immer mehr an Handelsunternehmen vermietet. Die können höhere Mieten zahlen als Wirte

Saarbrücken. Michael Raber ist einer der erfolgreichsten Makler der Stadt, und deshalb, so sagt er, wittert er Ungemach: eine "Bevormundungskatastrophe". Das Katastrophenszenario beschreibt er so: Am St. Johanner Markt werde immer mehr an Handelsunternehmen vermietet. Die können höhere Mieten zahlen als Wirte. Wird aus einem Gastronomiebetrieb ein Laden, bedeute das aber nicht, dass auch aus einem Laden - etwa in einer Seitenstraße - eine Kneipe werden kann. Die von der Stadt erteilte Gastronomiekonzession bezieht sich nämlich auf ein bestimmtes Gebäude. Als Beispiel nennt Raber das Barockhaus, in dem lange ein Weinlokal und zuletzt ein asiatischer Imbiss war. Nach der Sanierung komme ins Erdgeschoss ein Bekleidungsgeschäft.Für Menschen mit guten Gastro-Ideen sei das fatal. Weil sie in die Häuser, für die es Gastronomie-Konzessionen gibt, nicht reinkommen, und für andere, billigere Mietobjekte keine Konzession bekommen, werde manches gute Konzept nie probiert werden können. "Wenn man aber neue Ideen abgewürgt, werden wir einen kläglichen Tod sterben." Denn gerade junge, frische Konzepte seien "das, was den Markt und das Nauwieser Viertel immer ausgemacht haben".

Das Nauwieser Viertel sieht Raber als zweites Opfer des städtischen "Lenkungsmechanismus", der "mit aller Gewalt" Gastronomie auf der Berliner Promenade ansiedeln wolle, aber spannende Konzepte in den angestammten Kneipenvierteln verhindere. Als Beispiel nennt er das Gebäude, in dem das Theater im Viertel war. Dort verhindere die Stadt ein "Esszimmer" genanntes Gastronomieprojekt, das das Viertel sehr bereichern würde.

Dass das "Esszimmer" mit alten Möbeln und einem besonderen Flair eine gute Idee ist, findet auch Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer. Genehmigen könne sie das Ganze dennoch nicht. Das habe ihr Dezernat auch dem Betreiber immer wieder signalisiert. Der hat sich zwar einen Gewerbeschein besorgt. Damit könne er aber nur in einem Gebäude eine Kneipe eröffnen, für das es bereits eine Gastronomie-Konzession gibt, erklärt Ulrich Heimann vom Stadtplanungsamt. Und für das ehemalige Theater gebe es keine.

So gerne sie das "Esszimmer" genehmigen würde, sagt Wandel-Hoefer, "wenn ich heute sage, dass wir da flexibel sind, haben wir morgen 20 Anträge". Gerade im Nauwieser Viertel seien viele an neuen Konzessionen interessiert. Wenn die Stadt da etwas genehmige, weil die Mitarbeiter das Konzept gut finden, "dann brechen alle Dämme", sagt Heimann.

Aufgabe der Stadt sei es, die Dämme in Schuss zu halten - wegen der Menschen, die im Viertel wohnen. Das Viertel sei eben nicht nur Kneipen-, sondern vor allem Wohnquartier. Und seit Kneipen- und Restaurantbesucher wegen des Rauchverbots drinnen zum qualmen auf die Straße gehen, habe sich die nächtliche Lärmbelastung für die Bewohner eh erhöht, sagt Wandel-Hoefer.

Die Interessen von Anwohnern, Wirten und deren Kunden in Einklang zu bringen, sei schwierig. Die Stadt habe es so versucht: Man habe im Viertel und am Markt geschaut, wo bereits Gastronomie ist. Dazu wurde ein "Entwicklungspotenzial" gerechnet, erklärt Heimann. Dann habe man in den Bebauungsplan geschrieben, wie viele Flächen der Gastronomie zur Verfügung stehen. Wenn aus einer Kneipe ein Laden wurde, sei es möglich gewesen, den Laden nebenan zur Kneipe zu machen. Diese Regelung hat das Oberverwaltungsgericht gekippt.

Nun müsse die Stadt "beobachten, was passiert". Und wenn die Verwaltung der Meinung ist, dass die Gastronomie unter die Räder kommt, müsse sie dem Stadtrat einen neuen Bebauungsplan vorlegen, der die Konzessionen neu regelt. Das sei zwar umständlicher, aber rechtlich nicht anders zu machen - und schon gar keine Katastrophe. "Wenn ich heute sage, dass wir da flexibel sind, haben wir morgen 20 Anträge."

Rena Wandel-Hoefer zu neuen Gastronomie-Konzessionen

"Wenn man Ideen abgewürgt, werden wir einen kläglichen Tod sterben."

Saarbrückens Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer, hier bei einem Spatenstich in Burbach, und der Makler Michael Raber, hier in seinem Büro. Fotos: Becker&Bredel/ www.axlklein.com

Saarbrückens Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer, hier bei einem Spatenstich in Burbach, und der Makler Michael Raber, hier in seinem Büro. Fotos: Becker&Bredel/ www.axlklein.com

Michael Raber zu verweigerten Gastronomie-Kozessionen

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