Pilotprojekt der Diakonie Wenn Kinder in der Kita Doktor spielen

Saarbrücken · Der Rheinische Verband evangelischer Kitas will Erzieher für den richtigen Umgang mit Sexualität bei Kindern sensibilisieren.

 Frühe Neugierde – schon kleine Kinder interessieren sich für die Sexualität. In einem Pilotprojekt der Diakonie, das gestern im Saarland gestartet ist, lernen Kita-Mitarbeiter, wie sie in alltäglichen Situationen mit diesem Thema souverän umgehen können.

Frühe Neugierde – schon kleine Kinder interessieren sich für die Sexualität. In einem Pilotprojekt der Diakonie, das gestern im Saarland gestartet ist, lernen Kita-Mitarbeiter, wie sie in alltäglichen Situationen mit diesem Thema souverän umgehen können.

Foto: gms/AOK Mediendienst

Neugierig und ohne Hemmungen lernen die Kinder schon im frühen Alter ihren Körper kennen. Für sie, etwas ganz Selbstverständliches, für das Kitapersonal hingegen bergen viele Situationen große Unsicherheit. Was mache ich als Erzieher, wenn manche Kinder nackt sein wollen oder Doktorspiele spielen? Was gehört zu einer normalen Körperempfindung und wo sind die Grenzen? Um Fachkräfte in den evangelischen Kitas und Krippen dafür zu sensibilisieren und ihnen praktische Hilfestellungen an die Hand zu geben, wenn diese Themen plötzlich durch Fragen oder Verhalten der Kinder im Alltag auftauchen, hat der Rheinische Verband Evangelischer Tageseinrichtungen ein Pilotprojekt gestartet. Zuerst in Köln, nun auch im Saarland.

In drei jeweils zweitägigen Modulen und einer Supervision lernen die Fach- und Führungskräfte, wie Kinder Körperempfindungen entwickeln und wie sie unterstützt werden können, ein gutes Körpergefühl zu entfalten. „Die kindliche Sexualität und die Neugier für den Körper haben mit erwachsener Sexualität nichts zu tun. Die eigene Körpererfahrung ist essentiell für die spätere Entwicklung der Kinder. Es ist wichtig, das Thema aus der Tabu-Ecke rauszuholen“, sagte bei der Auftaktveranstaltung in Saarbrücken Jörg Walther, Geschäftsführer des Rheinischen Verbands Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder. Eine der saarländischen Teilnehmerinnen am Pilotprojekt ist Natascha Jost, Leiterin der Kita „Hand in Hand“ in Riegelsberg. „Das Thema Sexualpädagogik wird zwar in der Ausbildung angerissen, doch es wird immer präsenter auch im Alltag und die Mitarbeiter brauchen mehr Sicherheit, um souverän damit umzugehen“, erklärt sie. Und nicht nur im Umgang mit den Kindern seien die pädagogischen Fachkräfte gefordert. Es sei auch wichtig, eine klare Haltung gegenüber den Eltern vertreten zu können, die sich selbst unsicher sind oder einiges skeptisch sehen. Wie gehe ich zum Beispiel mit Eltern um, die verweigern, dass ein männlicher Mitarbeiter ihr Kind wickelt? Oder was mache ich, wenn sie nicht möchten, dass ihr Mädchen in einer Gruppe mit Jungs spielt? „Die Erzieher und Einrichtungsleiter bringen in die Fortbildung auch Beispiele aus der Praxis mit, die dann in der Gruppe thematisiert werden, um gemeinsam wichtige Ansätze herauszuarbeiten“, beschreibt Gitti Girschewski von der Koordinierungsstelle „Hoffnung Leben – Evangelische Anstöße zur Qualitätsentwicklung in Tageseinrichtungen“.

Initiiert wurde das Projekt, weil immer mehr Kinder mehr Zeit in den Kitas und Krippen verbringen.  So entdecken die Kleinen die eigene Körperlichkeit nicht nur zu Hause, sondern auch während der Betreuungszeiten. Die Kinder sollen durch eine gute psychosexuelle Entwicklung ein selbstbewusstes Körperempfinden entwickeln. „Das bereitet sie auf ein erfülltes Leben als Erwachsene vor“, meint Annette Burkhardt-Walsch vom Referat für Kindertageseinrichtungen der Diakonie Saar. „Gerade im Zusammenhang mit körperlichen Berührungen und kindlicher Neugier ist Professionalität und Reflexionsbereitschaft besonders wichtig“, betont sie.

Finanziert wird die Pilotphase durch den Rheinischen Verband. Diese wird dann evaluiert und aus den Erkenntnissen ein Curriculum entwickelt, um ab 2020 die Fortbildung flächendeckend anzubieten.

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