Evangelische Kirchen rechnen mit jedem Euro
Ihre Gemeindehäuser, Kindergärten und Gotteshäuser sind für viele der 773 evangelischen Kirchengemeinden in der Evangelischen Kirche im Rheinland zur Belastung geworden. Teuer sind insbesondere die Kirchen, die nicht so einfach umgewidmet und verkauft werden können. Zumal viele Gotteshäuser unter Denkmalschutz stehen
Ihre Gemeindehäuser, Kindergärten und Gotteshäuser sind für viele der 773 evangelischen Kirchengemeinden in der Evangelischen Kirche im Rheinland zur Belastung geworden. Teuer sind insbesondere die Kirchen, die nicht so einfach umgewidmet und verkauft werden können. Zumal viele Gotteshäuser unter Denkmalschutz stehen. Dementsprechend verursachen Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten hohe Kosten. "Substanzerhaltungspauschale" heißt eine neue Verwaltungsvorschrift, die seit Jahresanfang gilt und die Gemüter bewegt. Sie schreibt vor, dass Gemeinden und Kirchenkreise künftig Geld für den Erhalt und die Sanierung ihrer Gebäude zurücklegen müssen. An zwei Beispielen, einer großen und einer kleinen Kirche im Regionalverband Saarbrücken, wird deutlich, wie hoch die Kosten für die Gotteshäuser sind. Die Evangelische Kirche in Bübingen: Die ersten Spuren der evangelischen Kirche stammen aus dem Jahr 1150. Um 1350 wurde der Wachturm an der Saarbrücker Grenze dann zur Kirche umgebaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde das kleine Gotteshaus als Möbellager genutzt und musste nach schweren Schäden aufwendig restauriert werden. 2001 wurde die Kirche wegen Dacheinsturzgefahr gesperrt. Drei Jahre dauerte es, bis die Bübinger ihr renoviertes Gotteshaus einweihen konnten. Schmuckstück ist eine Stumm-Orgel aus dem Jahr 1752. Nach Angaben von Finanzkirchmeister Christian Erhorn fallen für die Kirchengemeinde Obere Saar, zu der Bübingen gehört, 3722 Euro für die "Bewirtschaftung der Kirche" an (Wasser/ Strom/ Heizung, usw.). Dazu kommen 6000 Euro für die Küsterin, die auch die Reinigungsarbeiten übernimmt. Die Johanneskirche in St. Johann: 1898 wurde das von Heinrich Güth entworfene Gotteshaus eingeweiht. Die Kirche ist 51,5 Meter lang, hat eine Firsthöhe von 25,5 Meter, der Turm ist 74,10 Meter hoch. Seit der Einweihung ist das Gotteshaus immer wieder umgestaltet worden, zuletzt 1995/96. Dabei wurde das Kirchenschiff für die Ansprüche einer City-Kirche gerüstet. Das Projekt will in die Stadt hineinwirken, die Stadt ist in Veranstaltungen unter dem Motto "Kunst, Kultur, Kontemplation" präsent. Die 1969 eingeweihte Kleuker-Orgel gehört zu den größten in Saarbrücken. Nach Angaben von Finanzkirchmeister Dr. Lutz Albersdörfer muss die Kirchengemeinde St. Johann jährlich rund 48 000 Euro für die Bewirtschaftung (Wasser/Strom/Heizung/Reinigung, usw.) des Gotteshauses aufbringen. Dazu kommen 8600 Euro für den Küster. Die Personalkosten für die Mitarbeiter im Projekt Johanneskirche belaufen sich auf 48 000 Euro, der Organist kostet 14 000 Euro. Derzeit stehen umfangreiche Außenarbeiten an dem Gotteshaus an, der Sandstein ist durch Umwelt- und Witterungseinflüsse erheblich geschädigt. Die Kosten dafür gingen in die Millionen. Damit auch längst "abgeschriebene" Immobilien weiterhin unterhalten werden können, hat die Evangelische Kirche im Rheinland seit 1. Januar 2009 eine Substanzerhaltungspauschale eingeführt. Sie soll jedes Jahr in die Haushalte der Gemeinden eingestellt werden. Wird der Haushaltsansatz nicht durch Baumaßnahmen verbraucht, muss er in eine zweckbestimmte Rücklage gebucht werden. Grundlage für die Berechnung ist der Feuerversicherungswert. Davon sollen 70 Prozent aufgebracht werden. Christian Erhorn muss jährlich 4623 Euro als Substanzerhaltungspauschale für die evangelische Kirche in Bübingen in den Haushalt einstellen, Lutz Albersdörfer 46 800 Euro für die Johanneskirche. Für alle Gebäude der Kirchengemeinde Obere Saar (Bübingen, Güdingen und Sitterswald) muss eine Substanzerhaltungspauschale von 121 036 Euro jährlich vorgehalten werden, in St. Johann sind es sogar 252 514 Euro. Gelder, die viele Kirchengemeinden nicht aufbringen können. Helmut Paulus, Pressereferent der Saar-Kirchenkreise: "Deshalb ist die Substanzerhaltungspauschale in der Rheinischen Kirche auch umstritten." Dies hat die Landessynode in Bad Neuenahr Anfang des Jahres deutlich gezeigt. Initiativanträge der Kirchenkreise Saarbrücken und Wuppertal sind von der Synode an die Kirchenleitung zur weiteren Beratung verwiesen worden. Was daraus wird ist offen. "Derzeit ist die Verordnung in der Landeskirche aber noch geltendes Recht", sagt Superintendent Christian Weyer und fügt an: "Etwas anderes habe ich auch nie behauptet." Der Theologe fürchtet, dass keine einzige Gemeinde Rücklagen bilden könne. In der Evangelischen Kirche der Pfalz, zu der der Saarpfalzkreis gehört, gibt es keine solche Vorschrift. Bei der in Speyer ansässigen Landeskirche verweist man auf die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen und dem Denkmalschutz. Zudem gebe es viele Privat-Initiativen und Kirchbauvereine, die sich um Sanierung und Renovierung von protestantischen Einrichtungen kümmerten.