„Europa fehlt die Aufbruchstimmung“

Saarbrücken · Was verbindet Europa? In welche Richtung entwickelt sich die Wertegemeinschaft? Fünf überzeugte Europäer mahnten bei einer Veranstaltung des Seniorenvereins Europ'age Reformen und mehr Interesse an den Nachbarn an.

Wie ist es um die Zukunft Europas bestellt und wie im Besonderen um das deutsch-französische Verhältnis? Darüber diskutierten jetzt unter dem Motto "Europa - eine Wertegemeinschaft" fünf Zeitzeugen der deutsch-französischen Geschichte auf Einladung des Seniorenvereins Europ'age Saar-Lor-Lux

Aktuell konzentrierten sich die europäischen Außenminister nur noch auf die europäische Innenpolitik, klagte Arno Krause, Ehrenvorsitzender der Europa-Union. Das sei so nicht zukunftsweisend. "Europa war gedacht, um den Menschen Mut zu machen", sagte Krause und betonte: "Europa ist eine Friedensgemeinschaft, die demokratische Grundsätze hat."

Die Notwendigkeit von wirtschaftlichen Reformen in Frankreich mahnte Claude Villeroy de Galhau an. Die französische Wirtschaft sei in dem Zustand der deutschen Wirtschaft Ende der 90er Jahre - der Reformbedarf sei deutlich.

"Die größte Errungenschaft Europas ist der Friede", sagte Charles Stirnweiss, der ehemalige Bürgermeister von Forbach. Er kritisierte die Nachbarn: "Ich habe den Eindruck, dass sich Deutschland nicht genügend um seine Demografie kümmert." Frankreichs Geburtenrate ist doppelt so hoch. Auch in Frankreich sieht er die Notwendigkeit der Weiterentwicklung: Die zentralistische Struktur des Staates verlangsame vieles, auch Reformen, so Stirnweiss.

Doris Pack (CDU), seit 1989 Europaabgeordnete, betrachtete die Zukunftsperspektiven an der Saar mit Sorge: "Junge Franzosen lernen kein Deutsch mehr, die jungen Deutschen lernen nur noch wenig Französisch." So werde es in Zukunft schwer werden, junge Franzosen auf dem saarländischen Arbeitsmarkt zu integrieren. "Wir sitzen in der Falle, wir tun zu wenig", sagte Pack. Sie gehe jeden Monat mindestens einmal in eine Schule: "Nicht etwa, weil ich zu viel Zeit habe, sondern weil ich muss." Die Themen Menschenrechte und Minderheiten müssten dort weitervermittelt werde. Gerade in den Austauschprogrammen der EU lernten junge Menschen viel über ihre europäischen Nachbarn.

Rolf Wittenbrock, Chef des Saar-Uni-Planungsbüros "Schwerpunkt Europa", sagte, dass Europa ein Projekt für drei Generationen sei. Doch entwickelten sich die Steuerungsmöglichkeiten bei 500 Millionen Menschen ins Abstrakte. "Heute haben wir keine Aufbruchstimmung", so Wittenbrock.

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