Es wurde mehr gerettet als ein Leben

Homburg. Ein Uniklinikum lebt zu einem guten Teil von der Routine, einem Blinddarm hier, einer Geburt dort - und dazwischen auch von einigen komplizierten Fällen. Wenn aber ein ebenso routinierter, international anerkannter Chirurg wie Professor Hans-Joachim Schäfers von einem "äußerst komplexen Fall" spricht, dürfte schon mehr dahinter sein als eine "normale" Operation

 Eine große Leistung und ein gutes Gefühl für beide Beteiligten: Professor Hans-Joachim Schäfers (links) konnte in einer sechsstündigen, sehr komplizierten Operation seinem israelischen Patienten Mordechai Barratson aus Tel Aviv das Leben retten. Foto: Bernhard Reichhart

Eine große Leistung und ein gutes Gefühl für beide Beteiligten: Professor Hans-Joachim Schäfers (links) konnte in einer sechsstündigen, sehr komplizierten Operation seinem israelischen Patienten Mordechai Barratson aus Tel Aviv das Leben retten. Foto: Bernhard Reichhart

Homburg. Ein Uniklinikum lebt zu einem guten Teil von der Routine, einem Blinddarm hier, einer Geburt dort - und dazwischen auch von einigen komplizierten Fällen. Wenn aber ein ebenso routinierter, international anerkannter Chirurg wie Professor Hans-Joachim Schäfers von einem "äußerst komplexen Fall" spricht, dürfte schon mehr dahinter sein als eine "normale" Operation.Mordechai Barratson, ein 68-jähriger Ingenieur aus Tel Aviv, litt seit Jahren an einem "schwachen Herzen", so Schäfers, Direktor der Klinik für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie in Homburg. Operiert wurde Barratson schon mehrmals, sowohl in seiner Heimat als auch in den USA.

Aufgrund eines bakteriellen Infektes an der Herzklappe im Herbst verschlechterte sich der Zustand des Patienten so, dass eine weitere Operation unumgänglich war. Diese wurde von israelischen Chirurgen und verschiedenen US-amerikanischen Kliniken wegen der schlechten Herzfunktion und der vorausgegangenen Operationen für zu riskant gehalten.

Die Kardiologen der Universität Tel Aviv wandten sich an Professor Schäfers und baten um Unterstützung, denn Schäfers und sein Team versorgen seit Jahren immer wieder schwer kranke Patienten aus Israel, denen anderweitig nicht mehr geholfen werden kann.

Schäfers ist auch Gast-Professor am Sourasky Medical Center, einem großen Krankenhaus, das mit der medizinischen Fakultät der Universität von Tel Aviv zusammenarbeitet, daher der gute Kontakt.

Schäfers, dessen Beruf nicht viel Platz lässt fürs Ausleben persönlicher Emotionen, ließ anlässlich der Pressekonferenz dennoch für ein paar Augenblicke spüren, was ihm ein tief empfundenes Anliegen ist: "Es ist für mich, auch vor dem historischen Hintergrund, ein ganz spezielles Gefühl, Patienten aus Israel zu helfen. Wenn es mit gelingt, wie in diesem Fall, den Tod abzuwenden, dann kann ich etwas zurückgeben." Wer jemals in Jerusalem an der Gedenkstätte Yad Vashem die Bedeutung der Allee der Gerechten verstanden hat, weiß, welches Gefühl Schäfers meint. "Mein Mann ist wie neu geboren", freut sich Atara Barratson, die Frau des Herzpatienten. Sie wohnt seit dem 9. Dezember in Homburg, in einem Gästehaus nahe am Klinikum. Am 12. Dezember wurde ihr Mann operiert, jetzt kann er schon bis zu vier Stunden am Tag herumlaufen und fühlt sich gut. Sein Bruder kam aus Paris zu Besuch, ebenso seine Tochter aus Israel. Die Familie reist am Samstag mit dem genesenden Vater wieder zurück nach Tel Aviv. Dort wird Mordechai Barratson noch zwei Wochen mit Antibiotika weiterbehandelt. Er kann es kaum glauben, dass es ihm so gut geht. "Als er in den Operationssaal geschoben wurde, sagte er mir im Vertrauen: Ich komme hier nicht mehr raus", erzählt sein Bruder. Über sechs Stunden haben Schäfers und sein Team operiert. Und wie schätzt der erfahrene Chirurg den Schwierigkeitsgrad ein? "Auf der Skala von eins bis zehn, wenn eins ein kleiner Eingriff ist und bei zehn alles gefragt ist, was man an chirurgischem Können und an Konzentration aufbieten kann, dann würde ich bei dieser Operation eine glatte zehn geben," erklärt Schäfers.

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