Erinnerung an die Steingutfabrik

Wallerfangen. "Ich war voller Bilder", schrieb die 22-jährige Vera Steinbrüggen damals selbstbewusst. "Die Engländer bekamen Früchte auf ihren Rand, Franzosen moderne abstrakte Ornamente, die Schweizer wünschten sich Kühe auf ihre Milchtöpfe - ich lachte sie aus

 Gunhild Langosch vor den Werken ihrer Mutter Vera Steinbrüggen. Foto: az

Gunhild Langosch vor den Werken ihrer Mutter Vera Steinbrüggen. Foto: az

Wallerfangen. "Ich war voller Bilder", schrieb die 22-jährige Vera Steinbrüggen damals selbstbewusst. "Die Engländer bekamen Früchte auf ihren Rand, Franzosen moderne abstrakte Ornamente, die Schweizer wünschten sich Kühe auf ihre Milchtöpfe - ich lachte sie aus." "Wir wussten nicht, dass es eine solche künstlerische Leiterin in Wallerfangen gab", sagte Peter Winter, Vorsitzender des Vereins für Heimatforschung, bei der Ausstellungseröffnung am Samstag im voll besetzten Museum.Trauerndes Vergessen "Sie hat wenig über diese Zeit in Wallerfangen gesprochen", berichtete Gunhild Langosch über ihre Mutter. "Ich nenne es ein trauerndes Vergessen." Denn schon früh habe Vera selbst Zeitungsränder mit Skizzen gefüllt, zum Kunststudium habe sie sich angemeldet ohne vorher den Vater zu fragen. Dann suchte die Wallerfanger Steingutfabrik eine künstlerische Leiterin, "und sie wurde genommen". Zwischen künstlerischen Ansprüchen und Massenproduktion ging Steinbrüggen die Herausforderung an und setzte vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Probleme neue Akzente. "Meine Hand prägt in Kürze den ganzen Betrieb um", heißt es in ihrem Tagebuch. Und weiter: "Die Messe in Leipzig war ein riesiger Erfolg für mich." Ende 1930 schrieb ihr Verlobter: "Kündige sofort - haben Wohnung." Da waren es auch nur noch wenige Monate bis zum Ende der Steingutfabrik. Eine Laufbahn wie in Wallerfangen hatte die 1907 geborene Steinbrüggen nach Weltkrieg und Wiederaufbau bis zum Tod 1985 nicht mehr eingeschlagen. Fotos, Skizzenbuch und Motive bringen die letzte künstlerische Leiterin der Steingutfabrik näher. Spritztechnik dieser Zeit ist mit Schablonen, Spritzpistolen und fertiger Keramik zu sehen und wurde von Expertin Beatrix Adler näher erläutert. Über die letzten Jahre der Fabrik informieren alte Berichte. Die Ausstellung "Ein Winter voller Sonne" ist bis 27. August im Heimatmuseum auf der Adolphshöhe zu sehen, jeweils sonntags von 15 bis 18 Uhr.

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