Gemeinderat muss entscheiden Entscheidung über die „Hitler-Glocke“ naht

Herxheim am Berg · Der Gemeinderat von Herxheim will heute sagen, ob die Glocke mit dem Hakenkreuz hängen bleibt. Historiker meinen, solche NS-Objekte gehörten ins Museum und nicht in einen Kirchturm.

 Der Gemeinderat will heute entscheiden ob die „Hitler-Glocke“  im Glockenturm der evangelischen Kirche hängen bleibt.

Der Gemeinderat will heute entscheiden ob die „Hitler-Glocke“  im Glockenturm der evangelischen Kirche hängen bleibt.

Foto: dpa/Uwe Anspach

() Für den Gemeinderat von Herxheim ist es eine wichtige Entscheidung: Auf der Tagesordnung am heutigen Montag steht die Frage, ob eine Glocke mit Hakenkreuz und der Aufschrift „Alles fuer‘s Vaterland Adolf Hitler“ im Turm der evangelischen Jakobskirche hängen bleiben soll. Bürgermeister Georg Welker (parteilos) hatte sich nach seiner Wahl im Januar dafür ausgesprochen.

Der pensionierte evangelische Pfarrer Welker stand Anfang Februar wegen einer Äußerung vor dem Amtsgericht Bad Dürkheim. Er hatte mit Blick auf die Opfer der NS-Zeit gesagt, „das waren auch deutsche Bürger, also nicht nur die jüdischen“. In den Ohren von Kritikern klang dies so, als wären Juden keine deutschen Bürger gewesen. Welker verpflichtete sich, das Zitat nicht zu wiederholen. Besucher hatten Welker bei der Verhandlung kritisiert: „Dass Sie eine Hitlerglocke in der Kirche hängenlassen wollen, ist für mich nicht zu verstehen“, sagte eine Frau.

Nun soll der Gemeinderat eine Entscheidung treffen. „An meinem Vorschlag zum Umgang mit der Glocke hat sich nichts geändert“, sagte Welker. Seiner Meinung nach ist die Glocke, die der Gemeinde und nicht der Kirche gehört, geeignet an Menschen zu erinnern, die während der NS-Zeit gelitten haben. Wird Welkers Vorschlag angenommen, soll eine Tafel auf den historischen Zusammenhang hinweisen. Die evangelische Landeskirche der Pfalz hatte angekündigt, sie unterstütze das Abhängen und die Anschaffung neuer Glocken mit 150 000 Euro aus einem neu gebildeten Fonds. „Die Landeskirche hat den Kirchengemeinden empfohlen, die Glocken mit Nazi-Inschrift auszutauschen, sofern sie ihr Eigentum sind“, sagt ein Sprecher. „Solche Diskussion und die unterschiedliche Herangehensweise gehören zu unserer Demokratie und sind notwendig“, findet Thomas Altmeyer vom Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 in Frankfurt am Main. Ansonsten würde die Erinnerungskultur zum Ritual erstarren. Er selbst könne sich gut vorstellen, dass mithilfe einer solchen Glocke Aufklärung geleistet werden kann. „Gerade ein solcher Gegenstand zeigt, wie die Nationalsozialisten alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen haben“, sagt der Politikwissenschaftler. Allerdings müsse die Glocke zu diesem Zweck zum Beispiel in einem Museum ausgestellt werden.

Der Historiker Wolfgang Benz ist skeptisch. „Von einer einzelnen Glocke in einem Kirchturm verspreche ich mir ehrlich gesagt keinen großen Erkenntnisgewinn. Zumal die Botschaft, die eine Glocke mit Hakenkreuz mit sich bringt, ja eher zweifelhaft ist“, sagt Benz, der an der Technischen Universität Berlin lehrt. Klar ist für ihn, dass an dem Ort dringend Aufklärung vonnöten ist.

(dpa)
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