Emma möchte keiner mehr missen

Neuweiler · Ende 2012 machte der einzige Lebensmittelladen in Neuweiler dicht. Es eröffneten vier Monaten später zwei ortsansässige Frauen ein Geschäft namens „'s Emma“. Sie haben wir jetzt wieder besucht und festgestellt: Es läuft ganz prima.

 Auf unserem Bild sind im Neuweiler Dorfladen (von links): Mareile Wächter und Martina Maréchal-Petak mit ihren Kunden Klaus Latour, Tanja Beck-Latour sowie den Zwillingen Analie und Indira. Foto: Thomas Seeber

Auf unserem Bild sind im Neuweiler Dorfladen (von links): Mareile Wächter und Martina Maréchal-Petak mit ihren Kunden Klaus Latour, Tanja Beck-Latour sowie den Zwillingen Analie und Indira. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

"Jaaa, der Opa iss doch gleich wieder da." Während der sportlich-drahtige Senior in den Laden hechtet und gezielt Bananen kauft, sind die beiden jungen Damen im Zwillingskinderwagen ein bisschen ungeduldig - man hört's. Im Neuweiler Lebensmittelladen "'s Emma" haben wir diese Woche Klaus Latour mit seinen knapp zweijährigen Enkelkindern getroffen. Begeistert ist er, dass er hier wohnortnah alle Dinge des täglichen Lebens einkaufen kann. "Etwas Besseres hätte Neuweiler nicht passieren können", sagte er unserer Zeitung. "Und mit den beiden jungen Frauen bin ich sehr zufrieden", fügt er schmunzelnd noch hinzu.

Die beiden jungen Frauen, das sind Martina Maréchal-Petak und Mareile Wächter. Fast auf den Tag vor drei Monaten sind sie eingezogen in die ehemaligen Räume einer Drogerie in der Hochstraße, haben die Ärmel hochgekrempelt, das Interieur aufgehübscht, Ware geordert und dann die Kunden begrüßt. Einige Monate zuvor hatte der letzte Lebensmittelladen im Stadtteil geschlossen. Ab diesem Zeitpunkt klaffte eine schmerzliche Versorgungslücke, bis die im Ort ansässigen Frauen ihre berufliche Zukunft in neue Bahnen lenkten und Mut zum Risiko bewiesen. Gelohnt aber hat sich wohl diese Risikofreude, wie strahlend Martina Maréchal-Petak erzählt. Gerade hat sie nach der Mittagspause die Ladentür wieder aufgesperrt, als sich schon die ersten Kunden die Klinke in die Hand geben. "Unser Sortiment haben wir inzwischen fast verdoppelt", sagt die 38-Jährige und freut sich auch, dass die Ware aus der Region so sehr nachgefragt wird - bei Jung, Mittelalt und Alt. Das sei schon sehr überraschend gewesen. Etwa der Waldmeister- oder Holunderblüten-Fruchtaufstrich, Öle und Senf-Spezialitäten vom Berghof in Einöd, Milch-Skakes von der Bliesgau-Molkerei und anderes mehr. "Wir fahren auch zu unseren Lieferanten, schauen nach, was es Neues gibt", sagt die Ladeninhaberin. Und so könne man auch die Qualität der Erzeugnisse beurteilen und die Artikel mit gutem Gewissen verkaufen. So beispielsweise die Eier, wenn man die Hühner mal in Augenschein genommen hat. Im Übrigen, so weiß auch Mareile Wächter, müsse man bereit sein, auf die Wünsche der Kunden einzugehen. Und darüber nachdenken, was die Großmutter noch im Schrank hatte und sich über Jahrzehnte bewährt hat.

Seit kurzem gibt's bei der "Emma" auch einen Lieferservice. Für Leute, denen das Laufen und Schleppen schwerfällt. Denn nicht jeder im Ort ist so gut zu Fuß wie Klaus Latour. Von seinen beiden Enkelkindern draußen wird er schon sehr vermisst. Schnell entfernt er die Bananenschale und lässt die beiden Enkelkinder in die gelbe Frucht beißen. Dann sagt er fröhlich "Auf Wiedersehen". Weil er morgen wiederkommt. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Alles ist frisch gestrichen. Die Regale stehen. Jetzt müssen sie noch mit Waren gefüllt werden. Am kommenden Montag öffnet der neue Dorfladen in der Grubenstraße 20 in Altenwald seine Pforten. Vorläufig bis Ende des Jahres können sich die Bürgerinnen und Bürger in dem Geschäft mit Waren des täglichen Bedarfs eindecken. Das teilt die Pressestelle im Sulzbacher Rathaus mit. In den Ferien öffnet das Geschäft seine Pforten von montags bis freitags, 8 bis 14 Uhr. Anschließend werden die Öffnungszeiten ausgeweitet.

Der Laden ist ein Projekt der Neuen Arbeit Saar (NAS) in Kooperation mit dem Job-Center Sulzbach. Zehn langzeitarbeitslose Frauen werden hier mit sozialpädagogischer Betreuung qualifiziert und nehmen an einem zertifizierten Lehrgang mit kaufmännischen Inhalten teil. Die wöchentliche Arbeitszeit der Frauen beträgt bis zu 30 Stunden, wobei zehn auf die Qualifizierung entfallen. "Mit unserem Angebot wollen wir niemandem ins Gehege kommen", versichert NAS-Geschäftsführerin Monika Steffen-Rettenmaier und erklärt: "Sollte ein Privater einen solchen Laden betreiben wollen, ziehen wir uns sofort zurück."

Die Waren für den Dorfladen beziehen die Frauen aus den umliegenden Supermärkten und Einkaufszentren. Wobei auch Sonderbestellungen von heute auf morgen erledigt werden. Nach Angaben von NAS-Abteilungsleiterin Carola Schlichter-Lehnert ist auch der Aufbau eines Lieferservices geplant. Bürgermeister Michael Adam findet die "Dorfladen"-Idee sehr gut. "Hier erhalten auf der einen Seite Frauen aus der Region eine Chance, wieder ins Berufsleben einsteigen zu können. Auf der anderen Seite wird eine Versorgungslücke in Altenwald geschlossen", so der Verwaltungschef.

Zwei ähnliche Läden betreibt die NAS bereits in Auersmacher (seit November 2011) und auf dem Wackenberg in Saarbrücken (seit November 2008). Sollte der Laden in Altenwald so gut laufen wie diese beiden, könne das Projekt durchaus verlängert werden, so NAS-Geschäftsführerin Monika Steffen- Rettenmaier.

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