Elf Nationen und eine gemeinsame Sprache

Saarbrücken · Rund 190 Esperanto-Fans aus elf Ländern sind seit Donnerstag in Saarbrücken zu Gast. Auch Sprecher aus Kanada und Sibrien sind angereist, um am 12. Internationalen Esperanto-Neujahrstreffen in der saarländischen Landeshauptstadt teilzunehmen.

"Esperanto ist eine internationale Sprache. Da funktioniert es am besten, wenn man am Rand ist, an der Grenze", so erklärt Louis von Wunsch-Rolshoven vom Veranstalter "EsperantoLand", warum er zum Neujahrstreffen gerade nach Saarbrücken eingeladen hat. Die gute Anbindung an Frankreich und die Benelux-Länder sei ausschlaggebend gewesen. Außerdem habe das Treffen schon 2009 und 2010 hier stattgefunden.

Aus elf Nationen, darunter auch Norwegen, Russland und Kanada, sind die 190 Esperantosprecher am vergangenen Donnerstag angereist. Es ist vor allem auch ein Treffen von Freunden: "Das Tollste an Esperanto ist, dass man sehr viele Menschen mit interessanten Hobbies und alternativen Lebensweisen kennenlernt", erklärt Benedikt Wildenhain. Seit dem Abitur geht der Essener regelmäßig zu Esperanto-Treffen, wo er auch seine Freundin kennengelernt hat. An der Kunstsprache gefalle ihm "die Idee einer einfachen Sprache, die jeder lernen kann."

Esperanto lasse sich in einem Drittel der Zeit erlernen, die man für andere Sprachen aufwenden müsse, erklärt Wunsch-Rolshoven. Bereits nach drei Wochenendkursen könne man sich gut verständigen. Als neutrale Sprache, die an kein Land gebunden ist, falle die Identifikation zudem leichter als mit anderen Zweitsprachen, bei denen man fast nie das Niveau der Muttersprachler erreiche. "In Esperanto sprechen wir von ‚nia lingvu‘ - das heißt unsere Sprache", so Wunsch-Rolshoven weiter. Doch Esperanto ist weit davon entfernt, Englisch als Weltsprache abzulösen, wie es einige Anhänger der Plansprache gerne sehen würden. Wunsch-Rolshoven verweist darauf, dass Sprachen nur langsam wüchsen: "Für eine Sprache hat sich Esperanto schon relativ schnell verbreitet." Er wünscht sich allerdings mehr Aufmerksamkeit für die Sprache, hinter der inzwischen eine Kultur stehe: Rund 120 Bücher und etwa zehn Musikalben erschienen jährlich auf Esperanto.

Unter den Teilnehmern sind auch etwa 40 Kinder, von denen die Hälfte Esperantomuttersprachler ist. Auch die Kinder von Christine Brücker aus Duisburg haben Deutsch und Esperanto gelernt: "Mein Mann und ich sehen in der Zweisprachigkeit einen großen Vorteil." Es sei ihr auch wichtig, ihren Kindern Weltoffenheit zu vermitteln, so Brücker weiter, weshalb sie mit ihnen regelmäßig zu Esperantotreffen fahre: "Es ist wichtig, dass die Kinder Esperanto auch aktiv praktizieren."

Noch bis zum dritten Januar haben sie und die anderen Teilnehmer Gelegenheit dazu: Nicht nur Workshops und Sprachkurse werden angeboten, auch esperantosprachige Vorstellungen der Theatergruppe "Zauberbühne" und des Musikers Jim Petit.

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HintergrundEsperanto ist eine Plansprache, die der Arzt Ludwig Zamenhof 1887 in Warschau unter dem Pseudonym "Dr. Esperanto" (Hoffender) veröffentlichte. Er wollte eine neutrale Sprache zur internationalen Kommunikation entwickeln, die leicht erlernbar sein sollte. Esperanto hat eine einfache Grammatik. Wörter werden durch Zusammensetzungen von Wortelementen gebildet: "sana" etwa bedeutet "gesund", ergänzt man dieses Element durch die Vorsilbe "mal" erhält man mit "malsana" das Gegenteil, "krank". Etwa zwei Drittel des Wortschatzes stammt aus romanischen Sprachen, ein Drittel aus germanischen, dazu kommen vereinzelt slawische Wortelemente. Heute sprechen etwa 500 000 bis zwei Millionen Menschen weltweit Esperanto. ls

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