Einst beschimpft, jetzt begehrt

Saarbrücken. An den saarländischen Schulen herrscht nach Ansicht der Lehrerverbände im Deutschen Beamtenbund DBB ein "Besorgnis erregender Lehrermangel"

 Für engagierte Lehrer ist der Job noch lange nicht getan, wenn sie das Klassenzimmer verlassen. Vor- und Nachbereitungen des Unterrichts nehmen viel Zeit in Anspruch. Foto: dpa

Für engagierte Lehrer ist der Job noch lange nicht getan, wenn sie das Klassenzimmer verlassen. Vor- und Nachbereitungen des Unterrichts nehmen viel Zeit in Anspruch. Foto: dpa

Saarbrücken. An den saarländischen Schulen herrscht nach Ansicht der Lehrerverbände im Deutschen Beamtenbund DBB ein "Besorgnis erregender Lehrermangel". In der Regierungszeit von Ministerpräsident Oskar Lafontaine seien 1000 Lehrerstellen abgebaut, unter Ministerpräsident Peter Müller nur 400 Stellen davon wieder geschaffen worden, beklagte DBB-Landeschef Artur Folz: "Wenn Lehrer jahrelang als Sesselfurzer und faule Säcke beschimpft wurden, hat das Abiturienten zudem nicht gerade begeistert für ein Lehramtsstudium."

Besonders groß sei die Lehrer-Personalnot derzeit an beruflichen Schulen, Gymnasien und Realschulen in Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie sowie Musik, Bildende Kunst und Religion, hieß es: "Mit Englischlehrern können wir dagegen fast die Straße pflastern." Genaue Zahlen zum Lehrermangel an den Saar-Schulen nannte Folz nicht, verwies aber darauf, dass sich das Problem noch verschärfe, weil bereits jetzt jeder zweite Lehrer über 50 Jahre alt sei und in den nächsten Jahren viele Pensionierungen anstünden.

"Tag für Tag wandern auch Lehrer in die Nachbarländer Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz ab, weil sie dort verbeamtet werden und mehr verdienen", beklagte Folz. Nicht das Bildungsministerium trage die Hauptschuld: "Der große Bremser ist der Finanzminister, der von 40 Prozent Personalquote ausgeht." Die Landesvorsitzenden des Saarländischen Lehrerinnen und Lehrerverbandes (SLLV) und des Verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an Erweiterten Realschulen (VDR), Herbert Möser und Inge Röckelein, sagten, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg liege die Eingangsbesoldung für Lehrer um 300 bis 500 Euro im Monat höher als im Saarland. An den Gesamtschulen und Erweiterten Realschulen seien im Saarland "Klassenstärken über 28 Schüler an der Tagesordnung". DBB-Landeschef Folz verlangte von der Landesregierung ein verbessertes Laufbahn- und Besoldungsrecht für die Lehrer sowie die Übernahme der fünfprozentigen Tariferhöhung für zwei Jahre auch auf Lehramtsanwärter und Referendare. Politik und Medien seien aufgerufen, mehr für den Lehrerberuf zu werben.

Der Landesvorsitzende des Verbandes der Lehrer an beruflichen Schulen, Gerhard Schnur, sagte, in den beruflichen Gymnasien fehlten trotz zugesagter 105 neuer Stellen noch 50 Lehrerstellen bis 2011, nur um den Unterrichtsausfall aufzufangen. "Es geht aber auch um eine bessere Qualität der Bildung", sagte Folz: "Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft". Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf aus diplomierten anderen Branchen hätten zwar die fachliche, aber nicht immer die beste pädagogische Qualifikation. "Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, gehen die Quereinsteiger zudem wieder weg".

Der Landesvorsitzende des Saarländischen Philologenverbandes, Klaus Lessel, sagte, im Bereich der Gymnasien sei wegen des Doppel-Abiturjahrgangs für das nächste Jahr außer im Fach Physik voraussichtlich kein struktureller Lehrerbedarf zu erwarten. Die Entwicklung in den Folgejahren lasse sich aber noch nicht abschätzen. "Am besten wäre es, zehn Prozent über den Bedarf einzustellen."

Der von Landeschef Joachim Küster geführte Verband der Gehörlosen- und Blindenlehrer (VGB) erklärte, gemessen an der Schüler-Lehrer-Relation fehlten an Förderschulen etwa 45 Lehrkräfte. Beteiligt an der Pressekonferenz war auch der Landesvorsitzende der Lehrer an Wirtschaftsschulen (VLWS), Matthias Simmer. Im DBB und seinen sechs Lehrerverbänden sind nach deren Angaben mehr als die Hälfte (53 Prozent) der rund 8000 Lehrer im Saarland organisiert. "Mit Englischlehrern können wir dagegen fast die Straße pflastern."

Artur Folz,

Landeschef des DBB

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